Vergangenheit und Gegenwart. 1830 - 1838#
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- Herausgeber
- Wolfgang Rasch
- Fassung
- 1.1
- Letzte Bearbeitung
- 11.02.2020
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Text#
1 Vergangenheit und Gegenwart.#
1830 - 1838.#
3 1830.#
Ich gestehe, daß ich zwei Monate vor der Julirevolution keinen Begriff von Europäischer Politik hatte. Ich wußte weder, wer Polignac war, noch was es an einer Charte zu verletzen geben könne; ich wußte nur, daß die Burschenschaft noch nicht ganz erstorben und Deutschland ohne Einheit war. Wenn ich Ereignisse erwartete, die in den Lauf der Begebenheiten gewaltsam eingriffen, so hätt’ ich sie eher von Erlangen und Jena als von Paris erwartet, höchstens, daß eine Schaar rückkehrender Philhellenen mit bewaffneter Hand in Stralsund gelandet wäre und die Pommersche Landwehr aufgerufen oder daß Hungersnoth die Bauern an der Diemel zum Aufstand gezwungen hätte. Mit geheimnißvoller Miene eröffnete ich einst meinem Freunde, mir schienen drei Dinge in Preußen nothwendig: Eine Verfassung, Preßfreiheit und noch etwas drittes, das ich vergessen habe. Ich glaubte hier 4 Wunder wie weit schon über das Wesen der Burschenschaft hinausgegangen und in die Fortschritte der allerneuesten Politik eingedrungen zu sein.
Um diese Zeit war ein Franzose nach Berlin gekommen, der die Verhältnisse mit ganz anderen Augen ansah, wie ich. St. Marc Girardin, jetzt Staatsrath und schon einmal in eine Ministercombination aufgenommen, halb Doktrinär, halb Ministerieller unter allen Umständen, war einige Monate vor der Julirevolution nach Berlin gereist, um deutsche Sprache, Schleiermacher, den Schulunterricht, Neander und den Halleschen Pietismus zu studiren. Ob er gleich vorzog, täglich eine Stunde hindurch mit mir nur den Kotzebue zu lesen, so interessirte er sich doch für die geistigsten Regungen Deutschlands, mit Ausnahme der Politik, wo er uns verachtete. Er war Redakteur der Debats. Ich sehe ihn noch, wie er täglich sein Exemplar, das ihm aus Paris sous bande geschickt wurde, aufriß und mit flammenden Blicken in den Spalten des großen Blattes umherirrte, um die Fortschritte der Opposition gegen Polignac zu verfolgen. Es dauerte lange, bis er sich von seinem Sinnen über eine Zukunft, die er dicht vor Augen sah, erholte und sich wieder auf Hegel, Hengstenberg, die Mystiker und Kotzebues Stricknadeln 5 besann. Wir lasen einige Scenen, fingen Erläuterungen an und waren bald wieder mitten in der Politik. Ich gestand ihm die geringe Achtung ein, die ich vor Frankreichs politischer Mission hätte und gab nicht undeutlich zu verstehen, daß die Jenaer Burschenschaft mehr Einfluß auf die Geschichte haben würde, als die Deputirten-Kammer der Franzosen. Er belächelte diesen Vaterlandsstolz und setzte dann hinzu: Junger Freund, es ist jetzt nichts für die Freiheit der Völker so gefährlich, als diese plan- und ziellose Ideologie der deutschen Studenten. Ihr verdanken wir die Congresse, ihr das von der ganzen Europäischen Politik verabredete Widerstandssystem. Die deutschen Studenten wissen nicht, was Politik ist. Wenn ich dann eben im Begriff war, ihn mit den Hohenstaufen, mit Luther und Fichte zu schlagen, so mußt’ ich immer die Unannehmlichkeit erfahren, daß an die Thür geklopft und die Lektion von einem Manne unterbrochen wurde, den ich nur gestehen will, vor der Juli-Revolution gehaßt zu haben. Eduard Gans im eleganten schwarzen Frack, mit glänzender französischer Sprachfertigkeit, Gans mit dem schwarzen wolligen Haar und dem modischen Backenbarte trat herein und war augenblicklich mit meinem Franzosen in ein Zeitungsgespräch ver-6wickelt. Ich hatte Gans auf dem Katheder die Burschenschaft verspotten hören; Gans hatte gesagt: Meine Herren, es gab eine Zeit, wo auch ich am Strande der Saale mit Heinrich Leo darüber nachdachte, wie wohl Deutschland wieder zur Kaiserkrone gelangen könnte. Ich hätte ihm die Scherze verziehen, die er über diese Träume machte, wären nur nicht in dem Auditorium so viel Leutenants und Portepeenfähnriche aus der Kriegsschule zugegen gewesen! So viel weiß ich, daß ich St. Marc Girardin beim Abschiede beschwor, nur nicht zu glauben, daß Gans und die deutsche Jugend übereinstimmten. Ja, ja ich weiß, antwortete dieser, Sie wollen die Welt durch das Sanscrit befreien!
Es war am dritten August und die Sonne brannte. In der großen Aula der Berliner Universität wurde der festliche Tag wie immer durch Gesang und Rede gefeiert. Hunderte von Studenten drängten sich hinter der Barre, vor welcher Professoren, Beamte, Militärs saßen. Ueber dem Redner Böckh sang unter Zelters Leitung der akademische Chor; Mantius entwickelte schon seinen sanften zärtlichen Tenor. Schmalz, der Selige, gieng mit Haarbeutel und Degen von Stuhl zu Stuhl, um mit den Ministerialräthen über Völker-7recht und die Freitischverwaltung zu sprechen. Gans war erhitzt und ungeduldig; er ließ Briefe von Raumer, die eben aus Paris gekommen waren, im Saale umlaufen. Der Kronprinz lächelte; aber Alle, die Zeitungen lasen, wußten, daß in Frankreich eben ein König vom Thron gestoßen wurde. Der Kanonendonner zwischen den Barrikaden von Paris dröhnte bis in die Aula nach. Böckh sprach von den schönen Künsten, aber Niemand achtete diesmal seiner gedankenreichen Wendungen und classischen Sprache; Hegel trat auf und nannte die Sieger in den wissenschaftlichen Wettkämpfen der Akademie. Jede Fakultät hatte einen Preisbewerber zu belohnen; aber Niemand hörte darauf, als der Betheiligte. Ich selbst vernahm mit einem Ohr, daß ich sechs Mitbewerber überwunden und den Preis in der philosophischen Fakultät gewonnen hätte; mit dem andern von einem Volke, das einen König entsetzt hatte, von Kanonendonner und Tausenden, die im Kampfe gefallen wären. Ich vernahm keinen der Glückwünsche, die man mir rechts und links darbrachte. Ich schlug das Etui nicht auf, welches die goldne Medaille mit dem Brustbilde des Königs enthielt; ich sah die Hoffnung nicht mehr, die man mir in einigen Jahren auf eine außerordentliche Professur 8 machen konnte; ich stand betäubt an dem Portal des Universitätsvorhofes und dachte über St. Marc Girardins Prophezeihung und die deutsche Burschenschaft nach. Ich lief dann hier und dort von Glückwünschenden angehalten, zu Stehely und nahm zum ersten Male eine Zeitung vor’s Gesicht. Nie war das meine Gewohnheit gewesen. Die Stunde, wo die Staatszeitung desselben Abends erschien, währte mir unendlich lange; ich schämte mich, wenn man geglaubt hätte, ich wollte in den königl. Geburtstagsfeierlichkeiten meinen Namen gedruckt lesen. Nein ich wollte nur wissen, wie viel Todte und Verwundete es in Paris gegeben, ob die Barricaden noch ständen, ob noch die Lunten brennten, der Pallast des Erzbischofs rauchte, ob Karl seinen Thron beweine, ob Lafayette eine Monarchie oder Republik machen würde. Die Wissenschaft lag hinter, die Geschichte vor mir.
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Die neue Bildung.#
Will man in Berlin poetisch wohnen, so muß man in die Nähe einer Freimaurerloge ziehen. Man wird dann einen schattigen Garten mit hohen Bäumen, einen ungestörten Sitz der Nachtigallen, und einen schmutzi-9gen Arm der Spree zum Nachbar haben. An einem solchen stillen, geheimnißvollen und mückenreichen Orte war es, wo ein Kreis akademischer Freunde zusammentraf. Da wir die strengen Gesetze des Staates vermeiden wollten, so gaben wir uns selber keine. Wir waren nur eine Verbindung der Geselligkeit und Freundschaft. Mit Wehmuth denk’ ich an diesen Kreis zurück, in dem sich manches herrliche Gemüth, manche geistreiche Fähigkeit entfaltete. Nach allen vier Winden hin sind jetzt die Freunde zerstoben, die Lieder, die wir gesungen, sind in öde Vergessenheit verhallt; fast alle der Genossen haben sich nach den schönen sonnigen Tagen, wie wenn ein Gewitter gekommen wäre, unter die Flügel des Staates geduckt und rennen und laufen noch jetzt, um eine Anstellung oder eine bessere zu bekommen. Die Freien und Dreisten unter ihnen haben vielleicht ihre Oppositionslust auf das religiöse Gebiet geworfen und gefallen sich darin, wenigstens als religiöse Sektirer mit dem Staat in Händeln zu leben. Damals hätte ihnen Einer das Glück malen sollen, Aktuar in einem polnisch-preußischen Städtchen zu sein oder in einem deutschen Dorfe unter den Kassuben und Wenden nach der Agende predigen zu müssen oder, wie es einem von ihnen ging, erst Theolog und dann Basso 10 Buffo auf dem Theater in Triest zu werden und den Doktor Bartolo zu spielen - sie würden sich’s ausgebeten haben, daß man den Rand halte und nicht schnöde Witze verführe. Niemand dachte daran, daß man, um in die Poren des großen Staatskäse einzudringen, so klein wie eine Made werden müßte.
Es ist nicht ohne Interesse, die Uebergänge zu zeichnen, welche in dem akademischen Leben der deutschen Jugend durch die Julirevolution gezeitigt wurden. Aus einem allgemeinen und von leeren Ueberlieferungen befruchteten Idealismus wurden die jugendlichen Gemüther plötzlich auf ein bewegtes Feld unmittelbarer Tagesaufregungen versetzt, wo, wenn auch nicht zunächst eine gemeinschaftliche Quelle mit dem eignen ideologischen Drange zu sehen war, doch eine Verwandtschaft und Anwendung des Einen aufs Andre sich unmittelbar später aufdrängte. Ja als die täglich sich mehrenden politischen Eindrücke selbst auf deutsche Verhältnisse verwirrend übergingen und es im südlichen Theile des Vaterlands fast das Ansehen hatte, als wenn diese plötzliche Neuerung grade die organische Frucht der noch nicht ganz erstorbenen deutschthümelnden und demagogischen Saat wäre, da mußte sich dem bisherigen allgemeinen träumerischen Tasten ins Blaue 11 hinein eine von den Tagesumständen bedingte Präzision und Sicherheit mittheilen, die den ganzen Ideenkreis, der der deutschen Jugendbildung vor 1830 zum Grunde lag, erweiterte und ihm zu Radien und Durchmessern neue Begriffe und dem französischen und englischen Staatsleben entnommene Vorstellungen gab. Das Mittelalter mit seinen buntfarbigen Lichtern verlor sich immermehr in ferne Dämmerung. Selbst die den Franzosen abgewandte altdeutsche Richtung ließ in ihrem Hasse nach. Die weißen Hemdkragen wurden in die Höhe gerichtet und mit einem schwarzen Halstuche umwunden. Man konnte sich von dem eintönigen Nachhall der Jahn-Arndtschen Richtung um so gewissenhafter befreien, als Frankreich selbst in neuester Zeit der deutschen Kunst und Wissenschaft so große Huldigungen darbrachte. Die Geschichtschreibung der Franzosen, ihre neueste Philosophie, ihr Roman, ihr Drama, die ganze Aufregung des Romanticismus, der in Frankreich gegen die klassischen Traditionen kämpfte, knüpfte sich an deutsche Geistesrichtungen an. Die gleichmäßige Idee von politischer Freiheit hüben und drüben ließ die Völker eher zu Bundesgenossen, als zu Feinden werden. Das nationale Interesse wich vor dem gemeinschaftlichen Zwecke, Befreiung der Völker aus ver-12rosteten Fesseln, zurück, vor einer alles Andre überwiegenden Vorstellung, der die kurz darauf ausbrechende polnische Revolution einen noch größeren Spielraum schenkte. Indem man mit dem Prinzipe dieser Bewegungen mitfühlte, vergaß sich leicht die allerdings verschobene Stellung, in welche die Völker als abgesonderte Theile des Europäischen Staatskörpers gegen einander geriethen. Um den Prinzipien hier und dort den Sieg zu bringen, hätte der flammende Enthusiasmus jener Tage sich wohl zu Opfern und Abtretungen aller Art verstanden, die wir jetzt, nachdem die Dinge einen andern Lauf bekommen haben, wohl bereuen würden.
Die Literatur nahm damals in fast allen ihren Richtungen die Farbe des Zeitgeistes an. Die harmlose poetische Thätigkeit, welche früher unter Hollunderzweigen ihre Lieder nur gesungen hatte, um mit der Lerche zu wetteifern, verstummte entweder, oder wurde nicht mehr gehört. Es waren überdies nur so geringfügige Kräfte gewesen, welche damals für das literarische Bedürfniß der Nation gesorgt hatten, daß sich für die Jugend kein bedeutender Mann vorfand, an dem sich für sie eine bestimmte Vorstellung von Literatur hätte ausbilden können. Tieck’s Novellen traten in Alma-13nachen nur als Spenden des Zufalls auf. Hoffmann war vielleicht noch der gelesenste; aber er war einer jener Autoren, die man erst verschlingt und dann vergißt. Man konnte eine Nacht opfern, um eines seiner spuckhaften Gemälde fieberhaft durchzustören, aber er hinterließ keine bleibenden Eindrücke, am wenigsten eine edle und erhabene Vorstellung von der Literatur überhaupt. Sein Styl war über die Maaßen schlecht, seine Philosopheme, mit Ausnahme derer über Musik, waren meist oberflächlich, seine Gestalten, so weit sie nicht der Phantasie sondern auch der Wirklichkeit hätten entnommen werden müssen, waren hölzerne Marionetten, ohne Geist und Leben; die Frauen namentlich waren sich alle an Gewöhnlichkeit gleich. Spindlers Muse konnte sich, trotz ihrer wackeren Vorzüge, in die Sphäre einer feinern Bildung nie erheben. Hauff zog eine Zeitlang die Universitäten an, aber seine Hauptstärke war nur die flüchtige Novelle, die an uns vorüberhuscht und nichts, als eine verrauschte Stunde zurück läßt. Tiefer griffen schon Immermann, Grabbe, Zedlitz und Schenk ein. Hier war man allerdings im Bereiche einer auf Prinzipien zurückführbaren edlen Produktion; es ließ sich hier an Göthe und Shakespeare erinnern; die Kritik konnte hier mit Aristoteles 14 beginnen und mit Hegel aufhören. Indessen griffen doch auch diese Dichter nicht so tief in das geistige Leben der Nation ein, daß sie der Literatur eine bestimmte Richtung aufgezwungen und der literarischen Bildung namentlich der Jugend, eine sichere und bleibende Fahrbahn gezogen hätten. Es fehlten hier theils in den Werken selbst, theils in den Beurtheilungen, die sie in Wien, Berlin, Leipzig hervorriefen, die idealischen Beziehungen. Die Geschichte der Hohenstaufen, ein Belisar, selbst ein Andreas Hofer, - diese Stoffe wurden mit jener poetischen Selbstgenügsamkeit durchgearbeitet, die, wenn nicht die geniale Kraft eines Göthe oder Schiller sie ergreift, nie etwas anderes, als eine sich selbst verpuffende nur augenblickliche Wirkung hervorbringen wird.
Verdunkelt wurden alle diese Erfolge von Heine und Börne. An jenem Elfengeiste übte man seine poetische Anlage, an diesem Charakter stählte sich die Gesinnung. Man kann nicht sagen, daß beide eine schlagende Wirkung auf die damalige Stimmung gehabt hätten; mehr, daß sie anregten, daß sie einen Brander in ein verwickeltes Geschwader von ohnehin lecken Schiffen führten. Die Neigung die ihnen entgegen kam, war weit geringer, als der Erfolg, den sie durch eine oft 15 nur neutrale Annäherung an ihre Schriften allerdings zuletzt nach sich zogen. Ihre Erscheinung blendete; aber man ließ noch auf ihnen das Auge nicht mit längerem Wohlgefallen verweilen. Es gab viel zu überwinden, ehe sich der Blick dauernd an diese beiden Gestalten gewöhnte; denn kein geringes Hinderniß ihrer Festsetzung mußte bei den Deutschen schon ihre israelitische Herkunft sein. Wenn wir auch reif genug waren, mit ungetheilter Hingebung von einem Israeliten harmlose Dichtungen harmlos aufzunehmen und wohl nie bei Moses Mendelsohn daran gedacht haben, seine Religion zum Maaßstabe seiner Philosophie zu machen, so war hier ein anderer Fall eingetreten. Zwei Israeliten hatten in ihre Schriften den ganzen Verlauf der neuern Geschichte aufgenommen, sprachen von den allgemeinsten Interessen der Nation, von Christenthum, von Politik, von bürgerlichem Leben. Sie tranken, so wie wir und brachen das Brot wie wir. Sie hatten nicht nur denselben blauen Himmel, dieselbe Nachtigall, denselben Mond, der sich im stillen See spiegelt, dieselbe Tanne auf dem Harze wie wir, sondern Welt, Staat, Kirche, Geschichte, alles sprachen sie mit demselben Rechte an, auf das wir bisher mit so vieler Eifersucht gewacht hatten. Es dauerte lange, bis hier eine un-16bedingte Hingebung erfolgen konnte. Heine und Börne beschäftigten die Nation, und diese Beschäftigung hat uns außerordentlich viel genützt.
Börne und Heine zersprengten die übel gewählten Stellungen der öffentlichen deutschen Bildung. Unberührt geblieben von den Hochgefühlen, welche die Brust der Deutschen schwellten, als sie die Herrschaft der Franzosen abgewälzt hatten, nüchtern, wo wir schwärmten, kalt, wo wir glühten, hatten sie alle Vortheile prüfender Vernunft vor der Schwärmerei voraus. Nur aus dem Judenthume konnte vielleicht eine so wahre und dankenswerthe Reaktion gegen unsere Ideologie, die sich selbst die Fesseln einer neuen Sklaverei schmiedete, kommen. Die Juden waren frei gewesen unter Napoleon und Heine und Börne konnten mit bitterm Hohne fragen, was wir gewonnen, seitdem wir ihn besiegten? Während Heine wie ein nächtliches Irrlicht auf den Schlachtfeldern von Marengo und Austerlitz seine lyrischen Tänze begann und sein Tambour le Grand die Erinnerung an Napoleon wieder wach trommelte, entwirrte Börne den Zusammenhang aller Verbindungsfäden der neusten Geschichte und erschloß uns das Verständniß der Begebenheiten, welches wir, wie St. Marc Girardin gesagt hatte, auf dem Stand-17punkte des Sanscrit nimmermehr würden gefunden haben. Während Heine muthwillig wie ein Schwärmer durch unsre Irrthümer und Wahrheiten fuhr, riß Börne die Vorhänge und Schleier der Illusionen von den Wänden, die uns umgaben, zeigte das nackte Holzgerüst, über welches man mittelalterliche Teppiche gehängt hatte, und war in dem ganzen Bildungsstoffe der Restaurationsperiode jener Sauerteig, der im Feuer der Julirevolution ein frisch und locker aufgehendes Gebäck möglich machte. Börnen war es nicht entgangen, daß unter der Episode Napoleons und der Alliirten weg, sich unterirdisch das Jahr 1789 fortzog und in einem günstigen Augenblicke den Boden durchbrechen würde. Alle seine Hoffnungen kamen mit 1830 zur schönsten Erfüllung. Daher jener ausgelassene Jubel, der in seinen Pariser Briefen gleichsam die Mütze hoch in die Luft warf und auf offener Straße tanzte. Wenn noch nicht Europa gesiegt hatte, so hatte es doch sein Leben, seine Ueberzeugung, seine Weisheit.
Ich wiederhole, daß Börne und Heine uns nur beschäftigten und noch keine Hingebung fanden. Während man der Form ihrer Schriften Alles einräumen mußte, verletzte zuweilen der Inhalt, wie er öfter noch 18 erfreute und ermunterte. Heine vollends versetzte zwar Alles außer Athem, wenn ein neuer Band seiner Schriften erschienen war; aber wie sehr er auch Jeden anregte, befriedigen konnte er Niemand. Seine Reisebilder enthielten des Scherzes zu viel als daß dasjenige, was in ihnen Ernst sein sollte, wirklich dafür hätte genommen werden können. An seinen Versen gefiel der wunderliche Einfall, in ihnen die Prosa durch geschickte und naive Behandlung zur Poesie zu erheben, gefiel die oft sehr gelungene Nachahmung der im altdeutschen Volksgesange herrschenden Einfachheit und Kürze; aber dem, was in ihnen Wahrheit und Gefühl sein sollte, schenkte man keinen Glauben. Seine Zauber schienen keine göttliche, sondern magische zu sein, seine Sterne waren nicht immer silbern, sondern oft versilbert, seine Blumen waren oft aus Taft gemacht und nur mit künstlichem Wohlgeruch angefeuchtet. An Nachahmung konnte nur die unzulänglichste Bildung denken.
So gab es in jenem Kreise unter einem breitästigen Lindenbaume der Gegensätze viele und scharfe. Schleiermacher und Hegel, Göthe und Schiller hatten ihre Vertreter; aber mochte man streiten, so viel man wollte, darin vereinigten sich Alle, daß das Vaterland vom Geist der Dichter und Denker auch in seinem historischen 19 Leben Gewinn ziehen müsse. Und wie sehr auch dieser Gedanke abhanden kommen kann, wie sehr man ihn, wenn er eine Verflachung der Literatur verschulden sollte, sogar auf Augenblicke bei Seite schieben müßte, so wird er doch immer wieder im Bewußtsein des Volkes auftauchen und der höchste Maaßstab bleiben, nach welchem in unsrer Literatur heiße Liebe, kühle Bewunderung oder flammender Haß ausgetheilt werden.
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Wolfgang Menzel.#
Das allgemeinste und umfassendste Organ derjenigen Literaturanschauungen, welche kurz vor und nach der Julirevolution in Deutschland herrschten, war Wolfgang Menzel. Er hatte die verschiedensten Blüthen und Früchte der romantischen Schule mit den Voraussetzungen des Liberalismus in ein Ensemble zu bringen gewußt, welches dem Anschein einer auch den Gesetzen der Kunstlehre gemäßen Folgerichtigkeit hatte. Die Einheit, welche W. Menzel in seine hundert Liebhabereien und tausend Vorlieben, Sympathieen und Idiosyncrasieen brachte, war die einer leidenschaftlichen, jugendlichen, den Lauf der Dinge nach Freiheitsprinzipien beurtheilenden Weltauffassung. An die Stelle 20 der sich selbst bespiegelnden ästhetischen Ruhe setzte er die Schönheit einer stürmischen Bewegung; für Entsagung verlangte er Aufopferung, für das gnädige Vergeben z. B. eines Thoas in der Iphigenie wollte er die Wahrheit der Leidenschaft, die Rache, den Zorn. Zu diesen stark bewegten vollblütigen Pulsschlägen seines literarischen Wirkens, die ihm Alles zuwandten, was an frischer Oppositionslust sich im Vaterlande regte, kamen hinzu die zahllosen Blößen, die das gewöhnliche literarische, politische und gesellschaftliche Leben in Deutschland ihm darbot. Die Almanache mit ihren goldrändigen Entsagungs-Novellen, die Stunden der Andacht mit ihrem in Zucker candirten nachsichtigen Christenthume, die Thränenfisteln der schriftstellernden Damenwelt, der Pedantismus der Schulen, die sterile Arroganz der Catheder, die Prüderie der Strickstrumpftugenden und die Geistreichigkeit der Theetische; dies Alles wußte W. Menzel mit gesundem, männlichem Muthe in die literarischen Verhandlungen zu verweben und als Folgerungen aus den Richtungen der Literatur darzustellen. Er ergriff durch sein Wirken nicht blos die theoretischen Vorstellungen, die man über Kunst und Wissenschaft, unabhängig vom Leben, in sich auszubilden hatte, sondern regte durch die tausend Details, 21 die er in seine Debatten hineinzog, den ganzen Menschen auf, dessen Willenskraft und Leidenschaft er zunächst zu überreden trachtete. In Menzels Polemik flammte ein so ungebändigtes Leben, daß es schwer war, in ihr das Literarische vom Moralischen, das Aesthetische vom Historischen zu trennen. Der Grundsatz, daß das Leben eines Volkes der Maaßstab seiner Literatur sein müsse, machte aus Menzels literarischem Wirken eine Schule der Charakterbildung und schuf jenen Enthusiasmus, mit dem sich ihm damals Alles hingab, was nicht an kleinliche Coterien der Aesthetik oder Philosophie gefesselt oder unmittelbar an seinen Angriffen als Gegenstand derselben betheiligt war. Erst als die Geschichte und die Produktion in Deutschland über das Nivellement, welches Menzel zwischen Literatur und Leben erhalten wollte, hinausschwoll und größer wurde als alle seine Abzirkelung sich möglich gedacht hatte; erst da ließ Menzel den Augenblick vorübergehen, wo er seine sonst so lebendigen Kategorien vor einer leeren und todten Erstarrung hätte retten können. Er blieb in seinen Prinzipien beharren, als schon die Voraussetzungen, zu denen sie früher gepaßt hatten, theils durch ihn selbst theils durch die ewig fortarbeitende Kraft der Geschichte und des Weltgeistes sich verändert hatten.
22 Die schöne Wahrheit, die einst dem Wirken Menzels zum Grunde gelegen hatte, war nur eine in den Umständen gelegene. Sie mußte erstarren und den beleidigenden Augenblick des Todes mitten in dem neuen Leben darbieten, als dies schon anfing, seine rauschenden Flügel auszubreiten. Alle Kategorien und Maaßstäbe Menzels waren negative und polemische gewesen; sie sanken zu einem leeren Schematismus herab, als sich die Gesichtspunkte des Lebens und der Produktion in Deutschland plötzlich änderten. Selbst wenn Menzel das Neue für die entartete Kindschaft seines Kampfes gegen das Alte gehalten hätte, mußte er doch hier einsehen, daß die Waffen neu zu schmieden, die Stellungen zu vertauschen waren. In der Polemik ist die Wahrheit nur wahr unter Umständen. Aendern sich diese, so wird da Nacht, wo einst Sonne schien.
Man wird nie in Deutschland so ungerecht sein, die zahlreichen Verdienste zu läugnen, welche sich W. Menzel um unsere Literatur erworben hat. Ob sie groß genug sind, um ihm seine späteren Verbrechen zu vergeben, mag die Zukunft entscheiden; uns steht es an, ihm den Ruhm zu lassen, daß er der versumpften Literatur der Restaurationsperiode frische Kanäle zuführte, die mephitischen Ausdünstungen derselben erstickte, die 23 auf ihnen wuchernde großblättrige und mattblühende Vegetation der damaligen Belletristik ausreutete. Wir würden an dem Wiederaufbau einer neuen Literatur nicht arbeiten können, wenn nicht seine Kraft da gewesen wäre, die von der alten, was morsch und trümmerhaft stand, niederriß; ja selbst die warme Hingebung, die neuerdings an Göthe sich anschmiegte, würde nicht mit so allmächtiger Gewalt um sich gegriffen haben, hätte nicht W. Menzel all das Gute und Böse, was an ihm ist, grade in seiner bekannten Polemik gegen Göthe bewährt. Die Thorheit Menzels, Göthe’s ganze Entwickelung von Werther an den winterlichen Spätherbst des Greises entgelten zu lassen, seine politischen Schwächen und Indifferenzen auf Rechnung schon einer frühern Poesie und Lebensanschauung überhaupt zu setzen und endlich gar den Inhalt der Götheschen Gedanken mit der organischen Kraft des Geistes, der das Mittel ihrer Aussprache war, zu verwechseln; schuf diese Gesammtbetrachtung Göthe’s, diese aufgerollten Gemälde seiner ganzen Wirksamkeit, diese belehrenden Rückblicke auf die thatsächliche Entwickelung unserer Literaturgeschichte, denen allen wir diesen großen Fortschritt verdanken, daß wir einmal unendlich weit über die Begriffe W. Menzels hinaus sind und doch 24 anderseits das mannichfach Gute, was ihrer allmäligen Bildung im Gemüth jenes Mannes Vorschub leistete, gleichfalls in uns durchgearbeitet haben.
Es würde sich zu tief in persönliche Erinnerungen verlieren heißen, wollt’ ich alle die Veränderungen des Windes namhaft machen, wo W. Menzel vergaß, seinem Fahrzeuge die Segel anders zu spannen. Es war nicht nöthig, daß es mit dem Luftzuge mitsegelte; er hätte gern dagegen anfahren können; aber dazu hätte er neue Ladungen aufnehmen, alte versenken müssen. Mag es spätern Zeiten überlassen bleiben, in einer entschieden memorienartigen Darstellung die Einschnitte der Zeit zu nennen, wo W. Menzel seine Uhr aufzuziehen vergaß. Dann wird auch der Augenblick reif sein, Bericht zu erstatten über eine mehrjährige Verbindung mit ihm, deren allmälige Auflösung nicht durch Persönlichkeiten, sondern durch tiefere Bedingungen nothwendig wurde.
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25 1832.#
Das Erste, was W. Menzeln über den Kopf wuchs, war die Politik des Tages. Dem leichten Spielen und Necken mit der politischen Klinge, folgten Schlachten. Die Politik konnte nicht mehr bloß wie die spitze Pointe eines Epigramms benutzt werden, sondern sie forderte heraus auf einen ernsten Kampf, bei dem Einige ihr Leben, Viele ihre Freiheit verloren. Die Stände-, die Volksversammlungen, die Durchmärsche der Polen nahmen eine aufopfernde kühne Hingebung der Entschiedenen in Anspruch. Bei Banketten sollten die Toaste nichts umschreiben, bei Unterschriften sollten die vollen Namen, nicht die ängstlichen drei Kreuze stehen. Die Dichter spannten die Tauben von ihren Wolkenwagen ab und legten Schlangen und Drachen ins Joch. Wie Wetterwolken fuhren sie im Sturm über die immermehr sich verdüsternde Haide. Die Thaten wurden erstickt; nun mußten die Worte den Harnisch 26 anziehen. Die Phalangen der Freiheitsfreunde wurden zersprengt; nun mußten die Scharfschützen des Worts aus Busch und Wald den Rückzug decken. Die Wiener Spaziergänge, die Briefe aus Paris, die Lieder eines Lenau und selbst Pfizer, die französischen Zustände und Vorreden hier und dort, viele schwächere Kräfte, die aus dem Ganzen gleich einen Salat machten, zu dem Maltitzsche Pfefferkörner gestreut wurden; alle diese Leistungen und Bemühungen gaben dem Rückzuge eine scheinbare Angriffsmiene. Die Schwäne sangen wunderbar, da sie sterben sollten. Die letzten Schüsse verhallten in langen Zwischenpausen, bis endlich so gut wie Stille eintrat und Sonntags wieder die Wachtparaden und die Posten Nachts mit ungeladenem Gewehr aufzogen. Der Volksgeist schläft, und was er spricht und thut, spricht und thut er im Traume.
Es sah in Deutschland aus, wie nach einer Ueberschwemmung. Wiegen hingen in den Bäumen, auf den Bergen sah man, was ewig nur in der Ebene gelebt hatte. Beamte waren Begeisterte geworden und ließen sich in Gesinnungen und Verbindungen betreffen, die ihnen wenn nicht das Amt, doch die Beförderung kosteten. Die Hörsäle waren leer, die Schüler irrten zerstreut als Flüchtlinge, die Lehrer wanderten aus, 27 weil sie es noch konnten. Hier und dort hatten Jünglinge die Feder ergriffen und den Ideen des Tages ihre glühenden noch keuschen Gefühle und Auffassungen als Erstlingsopfer dargebracht. Den meisten aber diente der rothe Streifen, mit dem die von ihnen genommene Toga prätexta des Schriftstellers verbrämt war, nur als Abzeichen für die Verfolgung. Wenigen gelang es in die Hörsäle, die Aktenstuben, die Sakristeien unbemerkt wieder zurückzukehren, und noch geringer war die Zahl derer, die nicht vorgezogen hätten, den verfehlten bürgerlichen Lebensberuf für immer in Leid und Freud mit dem des Schriftstellers zu vertauschen. Von diesem Augenblick schreibt sich jene Erscheinung her, vor welcher Hitzig mit mehr guter Absicht, als gerechter Einsicht gewarnt hat; eine große Anzahl von Autoren entsagte dem Staate und versuchte sich eine eigne Selbstständigkeit zu geben. Der glückliche Erfolg der Einen ermuthigte zur Nachahmung die Andern. Viele traten freilich ohne Beruf in diese Reihen und verdarben an der Literatur mehr, als sie ihr nützten, zumal wenn sie das Gute wollten und nicht das Schöne kannten. Andre prüften zum ersten Male das nur im Tumult ausgebildete Talent; manche von ihnen hatten Charakter, aber keine Gaben; viele von denen, die Gaben 28 hatten, wurden von dieser ihnen neuen Entdeckung so überrascht, daß sie dafür den Charakter opferten. Jetzt begann sich eine neue Literatur anzuspinnen. Die Gesinnungen mußten aufhören, allein die entscheidende Instanz zu bilden. Den Ausschlag gaben Geist und Geschick.
Doch die bloße Form wird uns nie einen Literaturaufschwung bringen. Vossens Einfluß auf die Literatur seiner Zeit war z. B. ein nur flüchtig vorübergehender, während Lessing, der das natürliche bürgerliche Leben durch Minna von Barnhelm, Klopstock, der die Idee von Vaterland und Religion in die Literatur einführte, von außerordentlich anregendem Einflusse waren. Die Schlegel hätten durch ihre schönen Formen, die sie dem Süden entlehnten, nichts vermocht, wenn sich nicht auch der zaubervolle Inhalt des Ritterthums, der Minne und der Andacht zum Kreuze in ihnen entfaltet hätte. So mußten denn diese neuesten Versuche, eine geschlossene Literatur zu bilden, von Ideen ausgehen und heimische Spekulation, gleichzeitige Literatur in Frankreich, innerer Drang, Zorn und Groll gegen das Laufende in Zeit und Geschichte boten deren eine reiche, bunt abwechselnde, theils 29 abenteuerlich ersonnene, theils in tiefsten Lebensoffenbarungen begründete Auswahl dar.
Die eigentliche Ausbildung aller dieser Einflüsse zu einem neuen Moment der Literatur erfolgte erst einige Jahre später.
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Heinrich Laube.#
Dieser mit einer großen Beweglichkeit des Geistes, aber mit nur geringfügigen literarischen Mitteln ausgestattete Schriftsteller war der Erste, der den Versuch machte, die vorzüglichsten Erscheinungen der Neuerung, Heine, Börne und was hier und dort mit ihnen verwandt war, als eine in sich zusammenhängende Entwickelung und die einzige entscheidende Tonangabe der Literatur aufzufassen. Erst durch ihn erfolgte jene neu auch in die Literatur eingeführte unbedingte Hingebung an das Neue, die bisher nur auf den Akademien gegolten hatte und von W. Menzel nur nebenher angedeutet und vermittelt war. Die Kritiken, welche H. Laube in einer von ihm redigirten Zeitung schrieb, wurden Mittelpunkt aller der jugendlichen Kräfte, die den Geist einer neuen Literatur ahnten und an seiner allmäligen sichtbaren Erscheinung selber mitarbeiten woll-30ten. H. Laube zog indessen durch die Gegenstände, die er berührte, durch die Fragen, die er anregte, mehr an, als durch die Art und Weise, wie er sie erörterte und löste. Es war ein großes Unglück für die Idee eines neuen Aufschwungs der Literatur, daß das erste Organ desselben weit mehr Enthusiasmus, als Talent besaß. Reichte jener wohl aus, die Jugend zu ergreifen, so war doch dieses zu gering, um auch der ältern in Erfahrung und Bildung sich wiegenden Generation Theilnahme abzulocken. H. Laube war ein oberflächlicher Forscher, ein schlotteriger Stylist. Er ahmte die Redeweisen Heine’s nach, ohne die subtile Grazie, die feine musivische Darstellung und Schöpfungsweise desselben zu besitzen. Was Heine in einem Satze mit heiterster Ueberraschung sagte, führte Laube zu einer seitenlangen Orgie aus, eine Thauperle bei Heine wurde ein Zuber bei Laube. Man konnte in Allem, was Laube damals schrieb, die Gesinnung ehren; aber es schmerzte, mit ihr eine geckenhafte, renommistische, und doch wieder schlotternde und lüderliche Darstellung in Kauf nehmen zu müssen; abgesehen davon, daß in dem Wirken Laube’s sich weder eine tiefe Kenntniß des menschlichen Herzens, noch jene Solidität der Bildung verrieth, welche den größten Naturalisten unsrer Lite-31raturgeschichte, einem Fr. Schlegel, W. Heinse u. a. bei all dem Anstoß, den sie erregten, doch so gewaltigen Vorsprung gab. Ich gestehe, daß ich seit dem Auftreten dieses Schriftstellers an seinen Gesinnungen den lebhaftesten Antheil nahm, mich aber mit keiner Zeile befreunden konnte, die aus seiner hurtigen Feder kam. Die Naturen des Menschen sind mannichfach, die literarischen Charaktere sprechen sich in der abweichendsten Mannichfaltigkeit aus; aber Laube’s Art schien mir von jeher nur ein Minus zu sein, ein unbedingter Mangel, keine intensive Verschiedenheit bloß, die nur mir, dem in Denken, Leben, Sinnen, Fühlen und Reden ihm völlig Entgegengesetzten, hätte mißfallen müssen.
Noch unglücklicher wurde die Hoffnung auf eine neue Literatur durch die Schriften befriedigt, welche H. Laube herausgab. Sein „neues Jahrhundert“ ist eine Polterkammer von Heineschen Ausdrücken und Börneschen Begriffen, die wie Kraut und Rüben in einander geworfen sind, und nirgends weder in einem Bilde, noch in einem Gedanken, die Vorstellung geben, daß sich aus diesem Stoffe noch einst eine siegreiche Gestaltung entwickeln könne. Es ist bei der eigenthümlich mehr auf Gedanken als Formen gerichteten Bil-32dung unsrer Zeit fast unmöglich, daß ein zum erstenmale auftretendes Talent gleich im ersten Wurfe jene Klarheit und Bewältigung des Stoffes haben kann, die nur die Frucht reiferer Erfahrung und öfters angestellter Versuche ist; es ist dies noch um so weniger möglich, als in unsern Tagen die Verführung zur frühzeitigen Produktion überredender ist, als zu irgend einer Zeit. Allein dann muß in dem ersten Werke doch immer ein Reichthum sichtbar werden, der nur noch nicht die Oekonomie zu verwalten, Ausgaben und Einnahmen gegen einander zu verrechnen versteht. Die Statuen können noch fehlen, aber die Marmorblöcke müssen da sein; für die ausgeprägten Münzen können noch einstweilen Gold- und Silberbarren entschädigen, aber Laube’s erste Schriften verriethen keine Zukunft, die Unordnung, die in ihnen herrschte, war nicht die Folge schlechter Verwaltung, sondern der Gedankenlosigkeit. Man konnte nur beklagen, daß eine so gute Sache, wie die von Laube verfochtene, in die Hand einer alle Freunde derselben so beschämenden Unreife gekommen war.
Das „junge Europa“ verrieth einen Fortschritt, der sich endlich an dem fortwährenden Studium Heine’s zu einer gewissen Sicherheit aufgeschwungen hatte. Sce-33nen der Liebe, der Verführung rundeten sich zu lesbarerer Fertigkeit ab. Die Farbe, die Heine zu einem starken, kräftigen Pinselstrich verbrauchte, wischte Laube zu einem ganzen Gemälde auf der Leinwand herum. An künstlerische Ordnung, verständige Gruppirung, an fein berechnete Combinationen und Intriguen, überhaupt an einen dem Wesen des Kunstwerks sich nähernden Fortschritt der Handlung und Fabel war nicht zu denken. Statt uns zu einem Ende zu führen, fing die Erzählung immer wieder von vorn an. Kaum ist Valerius hier geliebt, so ist er’s wieder dort; kaum hat Constanze dieser Neigung zu entsagen, so weiß sie sich wieder an jener zu trösten. So geht die Handlung die Kreuz und Quere, die Neigungen tanzen Quadrillen und Contretänze, verschlingen sich bald hier, bald dort, so daß man sich in der That in einen Kaninchenbau, wo Vater und Tochter sich heirathen, versetzt glaubt. Ich will dem Urtheile einer andern Kritik nicht vorgreifen; aber von mir selbst muß ich eingestehen, daß ich dieses Buches niemals froh geworden bin und mich namentlich an der Verbindung ärgerte, die hier zwischen der emanzipirten Liebe und der Hingebung an politische Ideen stattfand. Die letztern schienen mir durch jene verunreinigt zu sein; sie wur-34den es auch. Man kann, was ich selbst gethan habe, die nach dem Freiesten und Göttlichsten ringende Liebe schildern und die Schönheiten und Irrthümer eines solchen Idealismus in Herzen entstehen lassen, die die Freiheit wie ihr Leben lieben; man kann, wie es mir selbst geschehen ist, in der glühendsten und durch äußre Umstände unglücklichen Neigung für ein weibliches Wesen sich zu Trotz und verzweifelter Bitterkeit gegen Sitte und Gesetz hinreißen lassen und alle die Schranken zertrümmern wollen, welche uns in kalter Herzlosigkeit den Besitz unsres Ideals verweigern; aber jener Gedanke, daß unsre Poesie an die matten, wenn auch geistreichen Sinnlichkeitsgemälde eines Heinse wieder anknüpfen sollte, ist mir ästhetisch und moralisch von jeher so zuwider gewesen, daß ich dies ewige Lanzenbrechen der Laubeschen Helden, diese Buhlereien von hundert Weibern um einen Mann um so mehr verwarf, als sich auch mir in den Details des „jungen Europa“ nirgends jener zarte und feine Pinsel verrieth, der dasjenige so oft bei unsern großen Dichtern gut gemacht hat, was bei ihnen im Ganzen und Großen etwa verfehlt war.
Mochte aber auch H. Laube durch das junge Europa bei jungen Leuten Theilnahme gefunden haben, durch 35 die „Reisenovellen“ büßte er sie wieder ein, oder tauschte wenigstens dafür, der in ihnen enthaltenen Persönlichkeiten wegen, nur den Beifall Varnhagens von Ense ein. In diesen Reisenovellen war die Nachahmung Heine’s in den üppigsten Saamen geschossen. Heine’s Manier, die nur gefallen kann in der still rieselnden, fast tröpfelnden Weise des Meisters, wurde hier vom Schüler in Strömen vergossen. Mit einer Sündfluth von Renommisterei wurde man fortgeschwemmt. Liebesabenteuer rechts und links, im Postwagen, in der Passagierstube, im Bade, in der Kirche, auf der Straße, in Winkeln, überall Liebe; Liebe mit den Fingerspitzen, Liebe mit den Knieen, Liebe im Schlafe, Liebe in Haarwickeln, Liebe in Schlesien, Dessau, Braunschweig, Leipzig, Carlsbad, Töplitz, München, Tyrol, Italien, Steyermark, Wien, Prag, Liebe überall und mit Allen, aber nur - für Einen! für H. Laube! Für ihn überall eine Scene, überall ein Rendezvous. Nein, diese Koketterie eines Mannes erinnert nur noch an Casanova; hier hörten alle Verbindungsfäden edlerer Richtungen mit ihm auf. Wunderlich genug, daß grade damals ein achtbarer Name, Ludolf Wienbarg, und ein junger Spätfrühlingskeim, Gustav Schlesier, mit H. Laube eine 36 Verbindung schlossen, wo Einer für des Andern Gesinnungen sich verantwortlich erklären wollte.
Laube indessen wurde von einem bitteren Schicksale verfolgt. Was er an Liebe verloren hatte, gewann er wieder, als er die Freiheit verlor. Große Umwälzungen mußten diesem herben Loose folgen. Ein junges Gemüth ist nicht so voll grimmen Hasses, daß es in einem Jahre Gefängnisses nur gegen seine Wächter grübeln sollte. Die Ideen des jungen Gefangenen bekamen neue Gesichtspunkte. Er verließ die Haft und hatte für fast ein Jahr seines Lebens nun Ruhe und stillere Betrachtung eingetauscht. Es hätte sich jetzt, wo in Selbstprüfung und Studium seine Kraft reifer geworden war, eine bessere Ernte hoffen lassen, wäre nicht ein böser Wurm in diese Früchte der Erfahrung gekommen: eine Weltansicht nämlich, die das reflektirte Gemüth seines Ehrgeizes war, eine literarische Bildungsschule, die ihn bei Varnhagen von Ense von einem Extrem in ein andres führte und ihn die Schönheit und das Erhabene in jenen Aeußerlichkeiten suchen ließ, die diesen Autor allmälig einem jähen Sturze zugeführt haben.
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37 Rahel, Bettina, die Stieglitz.#
Wer einst die organische Entwickelung unserer neuen Literatur zeichnen will, darf den Sieg nicht verschweigen, den drei durch Gedanken, ein Gedicht und eine That ausgezeichnete Frauen über die Gemüther gewannen. Mit Rahel zeichnete sich die höhere Empfänglichkeit, bis zu der es weibliche Wesen bringen können, gegen die Folie der gewöhnlichen Frauenbildung ab. Bettina warf auf das Antlitz zahlloser Frauen den rosigen Abglanz einer freieren Anschauung der Menschen und Dinge, so daß sie wieder etwas Dreistes, Großherziges und Naives zu denken und zu sagen wagten. Charlotte Stieglitz endlich ließ in diese heitern Gemälde einen dunkeln Schlagschatten fallen und zeigte, wie groß die Opfer werden können und müssen, wenn man aus dem gewöhnlichen Kreise des Handelns und Fühlens heraustritt und von dem Baume der modernen Erkenntniß kostet. Wie durch eine göttliche Verabredung ergänzen sich diese drei großen Gestalten; drei Parzen, die den Faden der neuern Literatur und einer ernstern Ausgleichung der Bildung mit dem, was die Gesellschaft vertragen kann, anlegten, spannen, abschnitten.
38 Um zunächst das Aeußerlichste zu erwähnen, so gaben Varnhagens von Ense mannigfache Veröffentlichungen von Persönlichkeiten und deren stillem oder geräuschvollerem Verkehr eine sehr verführerische Anschauung des Bildungsprozesses früherer Literaturphasen. Man konnte in den vielfachen Briefen und Charakteristiken den Gang verfolgen, welchen die Literatur ins Leben und das Leben wieder in die Literatur nimmt. So viel Geheimnisse, die hier gelüftet wurden, gaben den Bildern, die Varnhagen von Ense um sich zauberte, einen magischen Reiz. Man sah das Große in seinen ersten kleinen Anfängen, man sah das Berühmte im einfachen Hauskleide, man konnte die Wirkungen verfolgen, welche oft scheinbar unbeachtet gebliebene Schriften doch auf das Urtheil geistreicher Menschen in der Stille hervorbrachten. Eine Parallele der Anfänge, aus welchen die romantische Schule hervorging, war mit dem gegenwärtigen Werden und Gebären einer neuen Literatur bald gezogen. Man übertrug die Zeichen des Alten auf das Neue, verglich die Symptome der Vergangenheit mit der Gegenwart und schöpfte Muth, einer feindlichen Abneigung der öffentlichen Thatsachen und den eingewurzelten Vorurtheilen der überwiegenden Anschauungsweisen, Systeme 39 und Bildungen die Spitze zu bieten, auf eine Zukunft der Gewöhnung und Versöhnung hoffend. Ein frommes Vertrauen ermuthigte so die Einen, steigerte sich aber bei Andern zu einer Zuversicht, die sie ihre Kräfte höher anschlagen ließ, als ihnen der Erfolg hätte erlauben sollen.
Weit mächtiger wirkte indessen der Gedankeninhalt der Briefe und Tagebücher, die Varnhagen von seiner Gattin herausgab. Die Neuerungslust, die sich auf sittliche Ueberlieferungen geworfen hatte, und, seitdem die Franzosen durch ähnliche Erscheinungen beschäftigt wurden, in sich fast eine historische Nothwendigkeit entdeckte, las aus den Briefen der Rahel eine zartkeimende Saat neuer titanischer Ahnungen heraus, die ihre grünen Köpfchen verstohlen über die Fläche des Ueberlieferten hinausstreckte. Noch nie hat es politische Umwälzungen gegeben ohne Angriffe auf die gleichzeitigen moralischen, gesellschaftlichen und religiösen Begriffe. So wie die Reformation poetische Utopismen hervorrief, so wurde noch jede Revolution von einem Zittern begleitet, das sich allem, was überhaupt in Sitte und Gesetz feststeht, mittheilte. Jeder große Prophet kam in die Verlegenheit, von einem schwärmerischen Anhänger politisch gedeutet zu werden; jeder 40 Held der Geschichte, der mit Riesenkraft alte Formen zertrümmerte, kam in die Lage, sittliche Stimmungen, die ihm zunächst nicht angehörten, als Verbündete neben sich zu dulden. Nur ein Rigorist des Widerspruchs kann abläugnen, daß die durch die Julirevolution geweckte schwankende Bewegung des Zeitgeistes und namentlich die schnelle Bändigung desselben, die eine Menge zurückgestauter im vollen Laufe begriffener Gewässer voraussetzt, sich nicht auch andern Fragen, als den politischen, hätte mittheilen müssen. Wie innig Rahels Nachlaß mit dieser Erscheinung zusammenhängt, beweist das Urtheil, welches man unbestreitbar über ihre Andeutungen fällen muß, und zugleich die Berichtigung, die nothwendig doch wieder der übertriebenen Vorstellung vom Werthe derselben zu geben ist. Daß Rahel so Bedenkliches philosophirt hat, scheint mir lediglich die Folge einer gemüthlichen Mißstimmung, eines freudenlosen Blickes in die nächsten Umgebungen und einer allzuschwärmerischen Vorstellung von dem zu sein, was in Zeit und Raum von ihr entfernt lag. Sie quälte sich entweder selbst oder wurde gequält. Da der Geist der Frauen nie schöpferisch wird, so kann ihre höchste Bildung immer nur eine unglaubliche Steigerung der Empfänglichkeit sein. 41 Wie oft erstaunt’ ich, das Wesen der mir als geistreich angerühmten Frauen nur in dieser gewandten Beweglichkeit zu finden, mit der sie jeder möglichen Wendung einer Frage, jeder halben und kaum gebornen Idee nachspringen und zu dem Unreellsten ihre scharfsinnigen Consequenzen ziehen. Ich sprach Bettina und fand, daß sie mit Sonnenstrahlen spinnt, daß sie aus Klängen Häuser baut. So war auch Rahel nur groß im Anknüpfen, Ausspinnen und Ausbauen dessen, was die Schöpfungskraft der Männer bei Seite liegen läßt. Sie lebte in einer Gedankenanatomistik, wo sie in jedem der fast unsichtbaren Molecules eine Kugel sahe und Menschen darauf, Flüsse und See’n und Staaten und neue Sitten. Männer würden so negative Gespräche, wie man mit geistreichen Frauen führen kann, unter sich immer abbrechen. Der Idealismus der Männer hat immer eine reelle Grundlage, eine Beziehung. Sie nehmen nicht, wie Frauen zu thun pflegen, das letzte Wort, das man spricht und machen gleich daraus ein Thema zu einer neuen Frage, und so in’s Unendliche fort. Und bei Rahel kam noch eine vielleicht farblose Draperie des Lebens hinzu, ein aschgraues Einerlei der Ohnmacht, schnelles Verkosten eines Genusses, schneller Ueberdruß und jene Zergliede-42rungssucht seiner Freuden, vor welcher Göthe so rührend gewarnt hat. Aus diesen Grundstoffen und Veranlassungen bildeten sich Rahels viel besprochene sociale Neuerungskeime, deren Zusammenhang mit neuern Versuchen und Wagnissen ich auch nur darin finden kann, daß in unsrer Zeit dieselbe Unbehaglichkeit, auf unserm Horizonte dasselbe zum Menschen- und Sittenhaß reizende trübe Grau liegt. Was das sogenannte „junge Deutschland“ ohne Verabredung und ohne Plan in dieser Richtung zu einer deutlicheren Vorstellung auszubilden gewagt hat, war ebenso Folge einer Verstimmung. Man muß mit Schmerzensbanden an die Welt gefesselt sein, man muß sein Herz erst dann begreifen lernen, wenn es gebrochen ist, um zu verstehen, was ich hier sagen will. Und ich kenne Herzen, die mich verstehen!
Der Glaube, daß man durch Literatur auf das Leben, durch Dichtung auf Frauenbildung und überhaupt auf eine idealische Verschönerung des Daseins und fast möchte man sagen, auf die Genialisirung der Herzen wirken könne, wurde durch Bettina’s Briefwechsel zu einer zauberhaften Gewißheit erhoben. Sie hatte zu Göthe gesagt: Es wär’ ihr, als müßte sie immer vor ihm tanzen! Dieser zunächst nur kindlich naive Ausdruck ihrer Liebe zu ihm, drückt 43 doch grade das ganze eigenthümlich magnetische und fast religiöse Verhältniß ihrer Seelen aus. Göthe wirkte auf sie wie ein kräftiger Bogenstrich auf Sand, dessen Klangfigur sie wurde. Wie die Schlangen, vom Blick des indischen Zauberers befangen, tanzen, so verlor Bettina im Anschauen des Genius ihr Individuum, und mußte es ihm, so fühlte sie’s wenigstens, im Cultus schwankender Schönheitsbewegungen opfern. Keine Stelle drückt das Magnetisch-Schöne ihres Verhältnisses zu Göthe, wo Liebe, Anbetung und durch beides hervorgerufene eigne Kunst sich vermählten, bezeichnender aus. Welch’ eine hehre Ahnung des zwischen dem Genius und der naivsten Empfänglichkeit (Bettina kannte kaum Göthe’s Schriften) möglichen Verkehrs mußte diese Erscheinung wecken! Nie schien der Literatur eine Huldigung dargebracht, die schwärmerischer war. Die Schranken der spröden Convenienz fielen, wo ein Genius lächelte. Die Rückhaltsgedanken des im Leben Ueblichen und Hergebrachten schlummerten unbewußt ein, wenn das Große und Erhabene sein Auge aufschlug und die zarte weiße Hand ausstreckte. Ein Verkehr seliger Geister schien hienieden möglich zu werden; die Gesetze waren nur noch Blumengewinde, mit denen Engel sich scherzend 44 umschlangen. Man konnte glauben an ein Leben im blauen Aetherlicht der Ideenwelt, wo die Brust von irdischen Dünsten nicht mehr beängstigt athmet, sondern wo freie, reine Himmelsluft, wie auf hohen Bergen, den Busen hebt und erweitert. Waren neue Ideen da, oder sollten auch nur die alten in’s Leben gerufen werden, hier sah man ein Beispiel, einen Versuch, der schon gemacht war. Mußte man ihn, da sich bald anekdotische Ergänzungen in das Verhältniß Göthe’s und Bettina’s eindrängten, auch mißlungen nennen, so war doch etwas davon übrig geblieben, nämlich ein Gedicht.
Und wurde dies Gedicht durch die kalte Reaktion der Wirklichkeit, als Bettina und Göthe der Poesie, die sie um sich gewoben hatten, nicht mehr gewachsen waren, eine Elegie, so erhob es Charlotte Stieglitz, als sie den Dolch ergriff, zu einer Tragödie. An diesem furchtbaren Ereignisse sahe man, daß die Wunden, die man sich selbst im ungewissen Drange und Zorne schlug, bis an’s Leben gehen konnten. Was man getrieben hatte, war ein Spiel gewesen, dem die Laune des Schicksals ein ernsthaftes Ende gab. So gaukelt ein Scherz in den Worten eines Freundes, der uns mit lächelnder Miene belehrt, und wir wittern nicht, 45 daß sich dahinter Ernst verbirgt. Die Gewitter des Lebens ziehen nicht wie am Himmel herauf, drohend, in finstern Wolken, lange voraus zu berechnen; sondern wolkenlos ist der Tag, die Sonne scheint wie zum Feste, und plötzlich zuckt der Blitz durch die im Nu sich verfinsternde Aussicht. Wenn wir, des Endes uns nicht bewußt, einen Anfang wagen, den Gedanken denken ohne System, Stein’ auf Steine fügen ohne Riß, Gott auch außerhalb des Himmels zu suchen uns vermessen, und mit Dämonen scherzen, ohne die Hölle zu betreten, so fällt doch plötzlich das Gatter in’s Thor, wir sind abgeschlossen, ohne Rückkehr, der Verzweiflung preisgegeben, während wir kaum zu scherzen schienen. Zweifel und Glauben sind von sich so fern wie Leben und Tod, und doch rinnt nichts leichter in einander über wie diese. Das unglückliche Ende jener Frau mochte herbeigeführt sein durch eigne oder ihres Gatten Thorheit, durch Liebe oder durch Erkaltung, durch freiwillige oder gezwungene Entsagung, durch Entsinnlichung oder Uebergeistigung; darüber ist jetzt keine Auskunft zu geben; allein entschieden ist, daß man ihrem Tode eine Deutung auf den Kampf der Idee mit der Wirklichkeit gab, und daß sie, wenn auch mit eignen Lebens- und Charakterbeziehungen, 46 wohl ein Opfer jener Conflicte genannt werden konnte, in welche Rahel’s verdrießliche und Bettina’s überschwängliche Beurtheilung der Menschen und der Verhältnisse gerathen mußten. Wie sehr dies Alles auf gährende und dichterische Gemüther einwirkte, wird man begreifen, wenn ich eingestehe, daß ich den Roman: Wally, die Zweiflerin, nicht geschrieben hätte ohne den Tod der Stieglitz. In sternenhellen Winternächten begiebt sich mehr, als mancher sich am Ofen träumen läßt. Man kann edel sein, und doch nicht wissen, was noch edler ist. Man hat über die Dinge, die hieher gehören, und die ich verschweigen will, mit vieler Vernunft, aber mit wenig Wahrheit geurtheilt. Es giebt Irrthümer, die schöner sind, als das Richtige.
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Die Lyriker.#
Unberührt von den meisten dieser persönlichen und idealen Eindrücke, denen man einen großen Einfluß auf die Literatur seit 1830 zuschreiben muß, nur im Politischen an die Ideen der Zeit anknüpfend, bildete sich ein Sängerkreis aus, an dessen Spitze ein aus früheren Zeiten herüberragender Dichter, der aber jetzt erst zu rechter Anerkennung kam, stand, Ludwig Uhland. 47 In Schwaben, am Rhein, in Oesterreich und selbst im deutschen Norden wurde zur Harfe und zur Leyer mit einer Meisterschaft gesungen, die Alles, was uns die klassische Literaturperiode (etwa mit Ausnahme der ältern göthischen Lieder) hinterlassen hat, bei Weitem übertraf. Form, Bild, Empfindung überstrahlte selbst das, was bisher immer für klassisch gegolten hatte. Im Liede wehte eine Innigkeit, wie sie nur Hölty gekannt hat; und doch war Hölty wieder klein und beschränkt gegen die Mannigfaltigkeit der Stimmungen, die hier in den anmuthigsten Bildern und den bestgefügten Versen wiedergegeben wurden. Die Natur wurde in ihren feierlichsten Sabbathsstillen belauscht, ja selbst das Alltägliche in ihr rundete sich unter der Hand einer sinnigen Grübelei zu kühnen und wahren Gleichnissen ab. Die Verschiedenheiten der Länderstriche und der Volkssitten wurden mit freier Hand zur Staffage und Coulisse von Empfindungen gemacht, die sich in einer ihnen entsprechenden Färbung zu halten wußten, so daß man auf den Lagunen Venedig’s sang wie ein Gondelier, in den Wäldern Amerika’s wie ein Creek-Indianer, in den Hochgebirgen Asiens wie ein Feueranbeter. Zu dieser glücklichen Wiedergabe eigner und fremder Stimmungen gesellte 48 sich die erzählende Weise, die Romanze und Ballade, das größre Epos, ja sogar einiges Didaktische was den Zeitverhältnissen poetische Lichter abgewann. Uhland war es, der für Alles, was in diesen verschiednen Leistungen ausgezeichnet war, den Ton angegeben hatte. Er hatte der Natur jenes Sonntagskleid der Freude angethan, er hatte das Landschaftsgemälde zum Liede zu vergeistigen gewußt. Er zog die Glocken der Kapellen, er sammelte Trauben in den Weingärten, er stellte Hirten-Knaben auf die Berges-Gipfel und legte ihnen selige Lieder in den Mund. Er zauberte die Vergangenheit in verklärterer Gestalt aus Ruinen wieder auf, ließ noch einmal die alten Falken der Jagden steigen, ließ Sänger an den Pforten der Burgen um Einlaß klopfen, er zauberte uns Jungfrauen auf den grünen Plan, und Königssöhne, die vorüberzogen und sie liebten; Uhland schuf, wie Schiller eine idealische übersinnliche Welt, so in seinen Gedichten eine idealische wirkliche Welt.
Um Uhland her zog sich eine Sängerrunde, die manches schöne Lied gesungen. Schwab hängt mit Innigkeit an seiner Heimath, ihren Hügeln und Sagen; manche Reflexion in seinen Gedichten schmeichelt sich mit sanften Rhythmen unsrem Ohre, manche 49 unsrem Herzen ein. Vaterfreude, Mutterliebe, Kindessinn weiß er rührend in einander zu verschlingen, und über die trauten Gruppen anmuthige, frisch vom Baum geschnittene Zweige zu flechten; die geheimnißvoll in Laub versteckte Rebe, der Blüthenduft im Frühling und der starke Mostgeruch im Herbste, der Aepfel herbstlicher Purpur, glühend im Abendsonnengolde; da ist Schwabs Seelenheimath, beneidenswerth jedem, der in ihr Ruhe, Friede findet. Justinus Kerner, in demselben Paradies von Naturanschauungen lebend, hat die weniger dämonische Seite seines Wesens nach derselben Richtung hin mit glücklichem Erfolge ausgebildet. Sein Humor fügte noch eine größre Frische und Lebendigkeit und den Reiz neckender Abwechslung hinzu. Karl Mayer verfolgt Fliegen und Mücken und erzählt uns mit einer rührenden Naivität, wo sie sich niedergelassen haben. Wie komisch auch die Liebhaberei dieses Mannes ist, so überrascht uns doch oft sein inniges Naturleben, sein feiner Blick für die Idylle der Pflanze und des Thiers. Man muß Freude haben, im Grase zu liegen und die kleine Käferwelt zu belauschen, um ganz zu verstehen, was Mayer mit seiner Naturanschauung ausdrückt; denn, daß ein Vogel auf dem Baume sitzt, und mit geöffne-50tem Schnabel uns anguckt, kann für den Einen eine unbedeutende Erscheinung sein, während sie den Andern mitten in den Frieden des frischen Landlebens versetzt. Paul Pfizern gelang der Romanzenton, seinem Bruder Gustav der politische, den Uhland selbst schon angestimmt hatte. Nach dem Ideal: Im schönen Leib die schöne Seele! jagend, hat Gustav Pfizer viel Zartes und Anregendes in halb Uhland’scher, halb Schiller’scher Weise versucht. W. Zimmermann gab zarte Lieder von Feen, die in Lilienkelchen am mondbeglänzten See träumen; Seeger, die Stöber, Fallati, Schöll und manche Andre bildeten einzelne Uhland’sche Richtungen mit einem Erfolge an sich aus, der nicht ganz ohne Belohnung blieb.
Auch Rückert feierte eine Auferstehung von den Todten - und A. von Chamisso. Rückert war wie mit einem Vorhange von dem Volke getrennt; er spann und spann in stiller Einsamkeit seine tiefinnigen und tiefsinnigen Weisen. Er zog Reben und besang sie; er baute mit eigner Hand sein Feld und ermunterte sich durch Lied; er reiste über Land, aber zu Fuß und sang sich einen frischen Tritt; er sorgte in enger Häuslichkeit für Weib und Kind, grub den Semitischen und Indischen Wurzeln nach und zauberte sich 51 am Abend, wenn das schwere Tagewerk vollbracht war zum Trost die phantastischen Paläste des Orients vor, träumte sich Sultan zu sein, ruhte mit kreuzweis untergeschlagenen Beinen auf bunten Teppichen und ist nun schon, da er unermüdlich und sich ewig gleich blieb, seit mehr als Tausend und einer Nacht die Sheherazade der Deutschen, die uns Mährchen aus dem Orient erzählt. Rückert hat soviel gedichtet, weil Dichtung sein Tagewerk, Poesie all sein innres Leben ist. Was er nicht hat, das schafft er sich; was er nicht schaffen kann, das zaubert er sich, und so ist er so arm und doch so unendlich reich und sein Reichthum doch oft nur eine schimmernde Täuschung, eine blendende Spiegelung der Kunst. Wirklichkeit und Erfindung, Kunst und Natur, ächte Diamanten und Kohlen, die es werden wollen, Gangessand, aber mit gediegenen Goldkörnern, Aechtes und Nachgeahmtes, das ist Alles so ineinander verbunden und kann nicht getrennt werden, da muß die Frage nach dem Gedicht aufhören und sich das Einzelne nur als einen Moment eines ganzen Dichterlebens darstellen. A. von Chamisso dagegen war ärmer, wenn auch ernster und leidenschaftlicher in dem, was er besaß. Chamisso rührte durch die große Wahrheit dessen, was er einmal erfaßt 52 hatte; konnte man nicht an die Schönheit eines jeden seiner Gedichte, so konnte man doch an seine Biederkeit, Treue und Männlichkeit glauben. Rückert steht durch die große Spezialität seines Wesens allein da; höchstens kann man Platen mit ihm in eine Parallele bringen. Um Chamisso sammelten sich dagegen begabte und mittelmäßige Talente. Einer der tüchtigsten ist von Gaudy, dem die resolute Manier, sich kurz und bündig und ohne viel Federlesens auszudrücken, vortrefflich gelang. Eichendorff steht dem Uhland’schen Lied nahe, nur daß er die Norddeutsche Natur besingt und mehr im Walde zu Hause ist, während Uhland im Gebirg.
Eine freiere und selbstständige Entfaltung nahmen Nicolaus Lenau und Anastasius Grün. Dieser begann mit Liedern der Liebe, mit Blättern, auf welche recht sinnige und zarte Charaktere geschrieben waren. Er war es, dem die zum größeren epischen Gedichte ausgeführte Romanze zuerst mit sicherm Erfolge gelang. Er wußte aus alten Ritterbüchern Leben und Poesie hervorzuzaubern, er umlaubte alte Pergamente und umkränzte eiserne Standbilder, daß sie zu wandeln und zu reden anfingen. Seine größte Meisterschaft fand er in der Anwendung seines poetischen Blickes 53 und seiner verschönernden Phantasie auf Fragen der Politik. Er schmückte die Freiheit mit rothen, und das Vaterland mit weißen Rosen aus. Er schilderte die Zustände seiner Heimath, wie schwarze Katafalke, behangen mit den Trophäen schönerer Hoffnungen, aber Leichen bergend, getödtet von den Schergen der Tyrannei. Nicolaus Lenau ist lyrischer, selbstischer im schönen und vielleicht auch bösen Sinne. Er entwickelt auch Fragen der Zeit, aber mehr aus sich heraus, aus dem Wohl oder Wehe seines Behagens; er ist kränker, hypochondrischer, als der heitre Grün. In Lenau’s Becher perlt süßer, aber glühend würziger Ungarwein, in Grün’s der hellgelbe fröhliche östreichische. Lenau steht auf der Gränze des Kreises, dem dieser Abschnitt gewidmet ist. Wäre er weniger Egoist, wäre er hingebender und den Ideen selbst, nicht seiner Auffassung derselben lebend, wir würden ihn am ehesten auf jene Höhe stellen, die unter allen diesen hier verzeichneten Dichtern niemand einnimmt, die Höhe des neuen Gedankens, die Höhe der aus der Zerrissenheit wiedergebornen weltbeherrschenden Poesie. Es sind verdächtige Ausdrücke, die ich da brauche, aber sie drücken etwas aus, das für unsre Literatur doch eine Säule des Hercules ist.
54 Endlich tummelten sich noch in mannigfachen Weisen jüngre Talente. Vor allen Freiligrath, der Wüstendichter, mit einer wunderbaren Kraft des Wortes und einer wie verzauberten Phantasie. Um zu sagen, was er fühlt, malt er, denn das Wort sagt nicht Alles, wenigstens nicht Alles auf Einmal, was man sagen möchte. Freiligrath dichtet wie Victor Hugo und ist ihm dafür, daß er ihm an historischer und philosophischer Tiefe weichen muß, an Classizität der Bilder und Naivetät der Anschauung vielleicht überlegen. Julius Mosen glüht und brütet mit abwechselndem Glück über die höchsten Ideale der Poesie. Manches frische Talent bringt uns der jährliche Musenalmanach; Gedichte von Kopisch, die den Platenschen nacheifern und im Komischen an Chamisso erinnern, von Reinick, von Kugler, die die Malerjugend zu poetischem Worte kommen lassen, von L. Wihl, der mit der glücklichsten Gestaltungskraft ein für geschichtliche und idyllische Empfindungen warm schlagendes Herz verbindet, von Wackernagel, Simrock, Victor Strauß, Prutz, Dingelstedt, E. Geibel und vielen andern, die minder begabt, freilich minder bekannt sind.
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55 Theodor Mundt.#
Wer aber in der Entwicklung unsrer Literatur seit 1830 etwas Organisches sieht, muß einräumen, daß diese Leistungen im lyrischen Gesange nur eine glänzende Episode unsrer Literatur sind, ein von der Sonne beschienener Bodensee, durch welchen der junge Rhein des eigentlichen Fortschrittes hindurchschwimmen mußte. Ich erinnere hier an den großen Eindruck, den „der sittlich-religiös-patriotische Bettlermantel“ machte, welchen Göthe der Uhland’schen Poesie umwarf. Ich stellte damals: „Göthe, Uhland und Prometheus“ zusammen und bereue keinen der harten Ausdrücke, die ich, im polemischen Interesse, gegen die schwäbische Schule und ihren Anhang brauchte. Göthe hatte einen dunkeln Schlagschatten auf die sonnigen Höhen jener Poesie fallen lassen. Er hatte nicht ohne Bitterkeit angedeutet, daß man selbst in frühern Tagen der Literatur zu keiner Haltung kommen konnte, ohne die Entwickelung eines Menschen aufzuzeigen, ohne Kampf gegen die Welt und gegen sich selbst, ohne Hervorbildung der Begriffe und der Gefühle aus einem eignen innigst ergriffenen und bewegten Leben. Jene Dichter lehnen sich meist an das, was in Sitte und Glau-56ben gegeben ist; sie verbrämen das Allgemeingültige mit den Flittern der Poesie und drücken das Bewußtsein der Masse aus, indem sie der Masse schmeicheln, da sie es schön ausdrücken. Sie bebändern die Bäume, sie vergolden die Fluren, sie nennen groß und schön, was ist; sie lassen höchstens Sehnsucht nach dem Verlornen und Vergangenen empfinden, sie ergreifen den Menschen nicht und führen ihn nicht auf die Warte der Zukunft. Diese Poesie ist eine unmittelbare; sie ging nicht durch die Verneinung hindurch. So kann sie zwar das Erfreulichste bieten und unserm Blicke eine sanfte Augenweide, unserm Herzen eine stille Feier geben; aber sie greift weder mächtig in die Speichen des Zeitgeistes ein und zwingt ihn, Rede zu stehen, noch strömt sie Anregung zum Neuen, großartiges ideelles Leben und Stoff zu erhabenen Charakteren aus. Verglich man die Göthische Rüge mit den vielen ungelösten Räthseln der Gegenwart und sahe, wie wenig diese Dichtungen an ihrer Entwirrung arbeiten, so mußte das Ergebniß immer überzeugender werden, daß durch diese Poesie, so schön sie ist, doch der Gedanke einer im Waffendienst der Zeit stehenden Literatur nicht hindurchgeht. Was aus jener Richtung für das Drama und den Roman geschehen, war das 57 Schwächste. Die Dramen Uhland’s, die Romane Eichendorffs, die dramatisch-epischen Versuche eines Lenau erreichten die wenigsten der Anforderungen, welche das strenge ästhetische Gesetz an sie machte, noch weniger die Höhe eines für die Literatur durch sie möglich werdenden Fortschrittes. Der Gedanke der neuen Epoche, sowie wir seine Geburtswehen oben schon angedeutet haben, mußte der schöpferische Demiurgos der neuen poetischen Welt werden, derselbe Gedanke, dessen nächste Aeußerung allerdings nicht der Vers, sondern die Prosa ist.
Der abstrakteste Ausdruck dessen, was für unsre Epoche dem Verse gegenüber die eigentliche Aufgabe der Literatur werden mußte, sind die Leistungen von Theodor Mundt. In nüchternster, trockenster Form bot er den Inhalt dessen, was allerdings die neue Aufgabe werden konnte, dar. Theodor Mundt ist das Neue, aber in der bloß verstandesmäßigen, doktrinären Offenbarung desselben. Er wußte das, worauf es ankommen sollte, ohngefähr in kritischen Axiomen auszusprechen und diese Axiome selbst durch eine beinahe didaktische Experimentalpoesie zu näherer lebendigerer Anschauung zu bringen. Er bot die zu verarbeitenden Materien in rohster Gestalt. Das Feuer, in dem diese 58 Materie erst von den Schlacken gereinigt, geschmolzen und in Kunstformen zu poetischen Gebilden wieder verhärtet wurde, fand sich in seinen Schriften noch nicht. Er ist das Neue und Richtige, aber in der nüchternsten, rein verstandesmäßigen Aeußerung desselben. Wie wenig er verstand, was zur wirklichen Offenbarung des richtigen Neuen dienen konnte, beweist z. B. seine Verdammung der Heineschen Prosa, dieses in seinen Principien und seiner Naivetät einzigen Organs der neuen Vermittelung. Grade daß ein so begabter Dichter, der die ganze lyrische Richtung, die wir oben zeichneten, durch seine Verse aufhalten, necken, aber nicht stürzen konnte, zugleich auch die hinreichendste Fähigkeit eines neuen, natürlichen, aus unmittelbarstem Gefühlleben hervorsprossenden Styles besaß, grade diese Erscheinung hätte als die Thürangel des hölzernen Thürflügels, den Mundt aus dem Alten in’s Neue darstellte, dienen müssen. Heine stand nicht auf der Höhe derjenigen Poesie, die sich entwickeln sollte, aber er war es, der alle Welt die Luft und das Wesen jener Poesie konnte ahnen lassen, er besaß das glänzendste Organ derselben, er war, wenn nicht das Neue selbst, doch ein zierlich geschnittener grüner Taxushag, der das alte Feld vom neuen trennt.
59 Wenn man unter dem neuen Aufschwung der Dichtkunst, von dem so viel gesprochen wurde, eine Poetisirung der Hegelschen Philosophie und kalter norddeutscher Reflexionen verstand und sich davor bekreuzte, so war besonders Th. Mundt an diesem Irrthum Schuld. Th. Mundt ging nicht einmal von der politischen Bewegung des Zeitgeistes, vom Vaterland und den schönen Phantasmen einer neuen Freiheit aus, sondern wir treffen ihn zuerst als einen gelehrigen Schüler Tiecks, der in Kunstnovellen die Hegelsche mit der Steffens’schen Philosophie auszusöhnen trachtete. Er erfand kleine poetische Rahmen, welche er um seine Ansichten über Musik, Bildhauerei, Malerei, Dichtkunst, Philosophie, Religion u. s. w. zog, die Produktion war hier ein zufälliges Complement zur Spekulation. Indessen wurde die ästhetische Richtung bei ihm die überwiegende. Da die Literärgeschichte mit ihren mannigfachen Produktionsanregungen zu ihr hinzukam, so bildete sich in Mundt allmälig eine gesetzlose Anarchie des Denkens aus, so daß er nicht seine eignen Vorstellungen in jener tiefsinnigen Weise, die oft an Philosophen selbst etwas vom Dichter verräth, sich bekämpfen und ausgleichen ließ; sondern fertigen Sätzen aus der Theorie setzte er fertige Sätze 60 aus der Geschichte der Kunst gegenüber; Hegel’sche Nothwendigkeiten bekämpfte er durch Göthische Freiheiten; den Pietismus schlug er durch die Philosophie, die Philosophie wieder durch andre fertige Entwickelungen, höchstens noch einmal durch den Versuch, mit möglichstem Witze aus der Philosophie komische Consequenzen zu ziehen. Diese ganze Dialektik bewegte sich nur in dem gezogenen Kreise der Bücherwelt. Die Systeme bekämpften sich, die Gedanken der Einen rieben sich an den Gedanken der Andern auf; nie fiel in dies Chaos, an welchem Mundt’s erste Jugend verkümmerte, von obenher ein Lichtstrahl eigner Erleuchtung; kein Vogel, kein Sonnenstrahl, kein grünes Blatt der wahren und wirklichen Natur wurde in diesem mühseligen Verrechnen fertiger Poesie und Philosophie sichtbar. Mundt stellte den ganzen Jammer eines früh in der Schule verkümmerten Norddeutschen dar, der Alles, Alles in sich aufnehmen will, an Nichts seine volle Genüge findet und dabei vom Leben, von der mit Brettern vernagelten Welt, von der Geschichte der laufenden Zeit nicht die geringste Ahnung bekömmt, im Gegentheil sich von den Erscheinungen der Wirklichkeit, wie sie sich etwa in Berlin darbieten, wie von etwas Gedanken- und Werthlosem nicht mit Unrecht 61 abwendet. Länger als sechs Jahre regierte Th. Mundt in der Literatur als ein Kritiker, ein Novellist, ein Theoretiker, ein Humorist, ein Literarhistoriker, von einem Journal zum andern pilgernd, nicht wissend, was daraus werden sollte und darüber vielleicht sehr, sehr unglücklich!
Siehe da greifen die Schriften von Börne um sich! Mundt bekämpft sie, vom Hegel- und Tieckschen Standpunkte, er tadelt ihren schlechten Styl, er zieht dem Meister des Styles Schüler vor. So taucht noch manches Neue und Ureigne auf; Mundt weiß gegen Alles die „gedankenmäßige Nothwendigkeit“ geltend zu machen, er zeigt, daß das Genie keines ist, wenn es nicht auf der Höhe des in sich selbst gefangenen Gedankens steht; er kämpft lange, lange Zeit gegen die Vorposten der neuen Heerschaaren, bis ihm eines Tages der Herr auf dem Wege von Berlin nach Schönhausen erscheint, rufend: Mundt, warum verfolgst du mich? Und Mundt sahe auf dem Wege nichts, als eigentlich nur sich selbst, sein Anderssein, das er mit allem Stolze der Schulweisheit von sich entfernt gehalten hatte, sein durch alle die von ihm widerlegten Schriften geschaffenes Anderssein; er sahe die Rückseite des Bildes, welches er vorstellte; sahe, daß es grade 62 von dem, was er bisher negirt hatte, urplötzlich positiv ergriffen war und gehörte nun nicht mehr seiner alten, sondern der neuen, nur spiegelfechterisch widerlegten Bildung an. Er schrieb „Moderne Zeitwirren,“ in denen er sein ganzes Unglück, zu fühlen, wie Börne und zu denken, wie Hegel offenbarte, kläglich seine eignen Eingeweide umkehrte, sich krümmte und kreuzigte, ein Bild der Angst und Verzweiflung, ein Opfer von fast zehn verlornen Jahren! Von jetzt an näherte sich Mundt immer mehr dem Verständnisse seiner Zeit, aber rückwärts. Hegel starb, Schleiermacher starb; Steffens wurde Pietist, Mundt fühlte sich immer freier; eine Schuppe todter Gelehrsamkeit fiel nach der andern ab, und plötzlich vom ersten genialen Gedanken ergriffen, kaufte er sich eine Kindertrompete und schrieb die Madonna, deren erste Worte lauten: „Trara, trara, trara!“ Mundt wurde Sansculotte. Er warf alle beengenden Fesseln von sich und feierte ein Fest der Wiedergeburt. Konnte eine Entwickelung ärmer, kümmerlicher, rührender sein?
Damals, gesteh’ ich, Mundt wahrhaft geliebt zu haben. Ich kannte sein altes und neues Leben und verstand diesen Jubel, mit dem er rief: Mir auch ist ein Leben aufgegangen! Nahe genug an den blassen 63 Wänden der Schule war auch ich vorbeigestreift, und manche Jugendblüthe war mir in ihrer Winterhaft erfroren. Mundt hatte nun eine Metamorphose gefeiert, aus der er wie ein jugendlicher Gott sich enthüllte. Seine Darstellungen wurden warm, seine Unternehmungen schienen fast waghalsig; er hatte zum ersten Male einen festen Mittelpunkt, von dem aus er den Zodiacus seiner Ideen um sich her kreisen ließ. Freilich war alles, was er in Bildern und mit offner Rede vortrug, Frucht des Studiums; aber die Bücherwelt ist ja ein Theil des Lebens und kann das, was sie vom Leben nahm, auch dem Leben wieder herausgeben. Mundt hatte sich tief in Rahel verlesen, er hatte den St. Simonismus als System vollständiger gekannt, als ich ihn noch kenne. Er war es, der das vollständigste Register aller sozialen Neuerungen auswendig wußte und in der Madonna ordentlich ein System desselben entwickelte. Ich gestehe kleinmüthig, daß ich die Rehabilitation des Fleisches erst von ihm lernte, nachdem ich längst in ihrem Interesse sollte geschrieben haben, ja daß ich sie in der Madonna erst fand, als man später darauf aufmerksam machte! Ich schwamm wohl in einer neuen Ideenwelt, hatte aber noch nicht so viel feste Inseln in ihr entdeckt, wie 64 Mundt, der frischweg aus dem St. Simonismus und aus Rahel in sein System übersetzte, was den herrschenden Sitten nur irgend widersprach. Ich forschte in seiner Madonna nach dem poetischen Gehalte, was Gestaltung und Erfindung anlangte, und freute mich der kleinen Blumen, kleinen Blätter, die er ordentlich mit leichter Hand gestreut hatte. Daß Mundt etwas aus Büchern, aus dem Enseignement des Vater Enfantin ins Leben rufen wollte, war eine große Thorheit. Ich hatte die alten Sitten nur deßhalb verletzt und sie mit Schadenfreude verhöhnt, weil diejenigen, welche sie schützten, die Priester, die Fürsten und die Philister, mir verhaßt waren; ich hatte nicht die Guten, sondern die Heuchler ärgern wollen. Mundt dagegen baute mit komischem Ernste in der Stube eine neue Welt auf, gab aus sich selbst dazu Nichts, sondern entlieh von Frankreich und Rahel, indem er mit kurzsichtigem Auge grade auf das lostappte, was bei Andern nur eine geniale Ahnung, ein Schmerzensschrei, eine Caprice gewesen war. Neue Menschen wollt’ ich schaffen, Mundt neue Sitten; die Gemüther wollt ich zu edleren, trotzigeren, göttlicheren Empfindungen steigern, Mundt wollte einen Bund stiften, in welchem die Frauen emanzipirt würden. Ihm schweb-65ten nur die literarischen Beziehungen solcher Neuerungen vor; wie ihm auch kürzlich wieder, um die Frauenemanzipation zu vertheidigen, die Entschuldigung entschlüpft ist, sie würde ja schon bei Hippel angeregt! Die Entschlossenheit, die Mundt bei seiner Revolution zeigte, mußte überraschen und denen sogar die Einrede untersagen, von denen man sie, wie z. B. von mir, auch am wenigsten würde erwartet haben. So bildete sich durch Mundt ein System aus, für dessen ganzen Ausbau jeder verantwortlich gemacht wurde, der zu ihm auch nur einen kleinen Stein hinzugetragen hatte.
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Das junge Deutschland.#
Erfinder dieses Namens ist Ludolf Wienbarg. Diesem Schriftsteller mag Mundt an combinatorischem Talente überlegen sein; weit überragt aber wird er von ihm, was klare und harmonische Ausbildung eines literarischen Charakters betrifft. L. Wienbarg entwickelte sich nicht durch die Bücherwelt. Seine Wiege ist das academische Leben. Die Urschichten seiner Begriffe wurzeln in dem schönsten Theile der Burschenschaftlichen Ideale, vor deren einseitiger Ausbildung, 66 etwa nach der Seite einer leeren Vergötterung Arndts, Jahns, Fichte’s und andrer Namen hin, ihn seine wissenschaftliche Forschung, das Studium Schleiermachers und Göthe’s und später die geschmackvolle Hingebung an Heine’s Originalität schützte. So hat Wienbarg die edelsten Keime der neueren deutschen Cultur in sich aufgenommen. Demokrat, deutsch, fortschreitend von Plato’s Idealen zu Schleiermacher und Fries, wählerisch in seinen ästhetischen Hingebungen durch Goethe, wo ihm der Stern des Ministers nicht des Dichters frühste Jugend und Geniusoffenbarungen verschloß, innigst vertraut mit der neuzeitlichen Anschauung durch seine Vorliebe für Heine, erschreckend vor keiner Gefahr, die der Gesellschaft aus dem freien Gedanken kommen könnte, hat L. Wienbarg theoretisch am reinsten die Grundzüge einer Literatur gezeichnet, welche wir als die eigentlich neue begrüßen sollten. Er drang auf eine Schönheit der ästhetischen Gebilde, die nicht erstorben wäre, sondern auf der die blutvollen Adern des Lebens sich hinschlängeln müßten, wie auch die Thaten der Geschichte ein Schönheitsgesetz abspiegelten. L. Wienbarg war bestimmt, die unmittelbare beßre Fortsetzung W. Menzels zu werden; denn demselben Boden, wie dieser entsprossen, dieselben demokratischen Neigungen 67 und Urtheile über die Gesellschaft in sich vereinigend, übertraf er ihn dadurch, daß er einen ästhetischen Takt sich erworben hatte, Göthe’s Genius zu würdigen und das Neue, ohne es auch in seinen Auswüchsen zu billigen, doch selbst in diesen noch zu genießen verstand. Es ist zu bedauern, daß Wienbarg unterlassen hat, Menzeln den kritischen Scepter zu entwinden und mit gleicher Universalität und unermüdlicher Thätigkeit für unsere Zeit das zu sein, was Menzel für eine frühere war.
Erst F. G. Kühne in Leipzig war es, der das junge Deutschland auf fünf Schriftsteller bezog, zu denen er, an Heine’s Statt, sich selbst rechnete. Es war ein Quincunx, der sich auf dem Papier recht stattlich ausnahm und gegen dessen symmetrische Form die darin aufgeführten Namen um so weniger Einspruch thaten, als dem Einzelnen diese Anerkennung theils schmeicheln theils die Aussicht auf eine größre Gemeinsamkeit der literarischen Bestrebungen darbieten mußte. Kühne selbst war ein Anfänger, dessen erster Versuch in dem neuen sozialen Genre gänzlich mißglückte. Seine „Quarantaine im Irrenhause“ war eben so arm an poetischer Gestaltung wie an fruchtbarem speculativem Tiefsinn. Seine Kritiken zogen an, ihrer Aus-68führlichkeit wegen, die man für Gründlichkeit nehmen konnte. Noch war die eigentliche Entfaltung seines Talentes, das sich jetzt als eine sinnige anmuthige kleine Gabe der Erzählung herausgestellt hat, verschleiert, noch wurde sein Vermögen, einen Charakter mit hingebender Theilnahme und bis in die kleinsten Beziehungen gewissenhaft und in wohlthuender Sprache aufzufassen, durch eine zu große Heftigkeit und Reizbarkeit niedergehalten. Kühne, der das junge Deutschland, als einen Verein von fünf Schriftstellern erfunden hatte, ließ doch nur seinen Freund Mundt mit vollkommener Geltung darin auftreten; die übrigen wurden mit Schmähungen verfolgt, in ihren Schriften mißverstanden, in ihrem Charakter bis zur Karrikatur verzerrt.
Man hat so oft von einer Verabredung gesprochen, die zwischen den Mitgliedern des „jungen Deutschlands“ stattgefunden hätte. Nie ist etwas verabredet worden. Die jetzige Auflösung jenes gewaltsamen Vereins würde nicht erfolgt sein, hätte man den Verrath eines Geheimnisses fürchten müssen. Ich fand mich damals, wie früher und noch jetzt, von den Schriften Mundts und Laube’s so wenig angesprochen, daß ich deren Unwerth nur verschwieg, weil uns alle bald ein gemeinschaftliches Schicksal traf und sich in den heil-69losen Angriffen W. Menzels ein wesentlicherer Gegenstand zeigte, die Kräfte, die die politische Reaktion noch frei ließ, gemeinsam zu üben. So entstand mit einem scheinbaren Grunde die Sage von einem Verein junger Schriftsteller, die auf Leben und Tod verbunden einen gemeinschaftlichen, nicht grell genug zu malenden Zweck verfolgten. Die Grille des Einen wurde die Schmach des Andern; man schuf sich ein System von Anklagen, welches alle betraf, die jetzt gemeinschaftlich genannt wurden. Der Prozeß war ein solidarischer. Laube’s Frivolität und Unreife mußte der entgelten, der sie verabscheute. Mundts Frauenemanzipation und Fleischwiedereinsetzung kam als System auf die Rechnung dessen, der nur einzelne Scenen und Aussprüche gegeben hatte, die man im Sinne desselben deuten konnte. Menzel verfehlte nicht, aus dem, was kaum im ersten Keime da war, ja aus dem, woran Niemand gedacht hatte, die verworrensten Consequenzen zu ziehen. Er wühlte alle geschichtlichen Erinnerungen auf, wo nur religiöse mit politischen und gesellschaftlichen Irrthümern je Hand in Hand gegangen waren. Er sah neuerstandene Wiedertäufer auf einen neuen Glauben der Weiber- und Gütergemeinschaft taufen; er baute eine Pyramide von Larven und Frazzen auf, die zu 70 gleicher Zeit Gelächter und Schreck erregte. Einspruch zu thun, war den Betheiligten theils äußerlich unmöglich, theils war es schwer, die Grenze zu bestimmen, wo das wirklich geträumte Ideal aufhörte und Menzels Lüge anfing. Endlich ist derjenige, der sich gegen die Anklage auf eine Schuld, mit welcher Gefahr verknüpft ist, vertheidigt, immer in der unglücklichsten Lage. Sein Unglück, sich entstellt und mißverstanden zu sehen, wird, wenn er es ausspricht, für Feigheit gehalten. Die Menschen wollen oft ein Opfer haben; ist es Christus nicht, so ist es Barnabas. Ein Versuch, sich zu rechtfertigen, mußte an der Schaam, für furchtsam zu gelten, scheitern. So blieb nichts übrig, als die Sündfluth der Anklagen still über sich ergehen zu lassen und auf eine Zeit zu hoffen, wo die Gemüther abgekühlt und die Leidenschaften nicht mehr die Vormünder der Gerechtigkeit sein würden. Hie und da tauchte auch ein besonnenes und über die Mißverständnisse verwundertes Urtheil auf. Mancher schüttelte bedenklich den Kopf; die Besten sahen in den Mitteln, die man gegen die Neuerung anwandte, etwas nur für den Augenblick, nicht für die Dauer Nothwendiges. Tiefe Gemüther verstanden auch die Neuerung; ja einige muthvolle, z. B. Professor Daumer in Nürnberg, sprachen unbesorgt ihre 71 Ansicht aus und scheuten sich nicht, zu behaupten, daß der, der eine Wally schreibt, von einem seltnen Drange für religiöse Ueberzeugung beseelt sein müsse und ihm hier der Zweifel lieber wäre, als anderswo ein Glaube, der nicht überwunden hat. Nichts entscheidet in Deutschland so leicht, wie die Masse; aber es ist auch so schön, daß es bei uns keine Unterdrückung giebt, die nicht ihren Heiland, keine Ungerechtigkeit, die, wenn auch spät, nicht ihre letzte Instanz fände.
Wer sich in den Geist und in die Geschichte des menschlichen Herzens versenken kann, der wird das Bedenkliche, was im jungen Deutschland vorlag, zwar nicht billigen, wohl aber seine Entstehung erklären können. Die obigen Entwickelungen drücken noch lange nicht alle die Posten aus, die in einer solchen Auseinandersetzung zur Verrechnung kommen müßten. Aber wer da erwägt die akademische Bildung, die Träumerei einer doktrinellen Erziehung, die Julirevolution, die polnische, die erstickten und gebundenen revolutionären Kräfte, die neue soziale französische Philosophie, die Lamennaissche Verbindung der Religion mit der Politik, die Grundzüge einer neuen Gesellschaft durch den St. Simonismus, Rahel, Bettina, den Tod der Stieglitz, der hat der Blitze genug in der Hand, die in der 72 schwülen Atmosphäre Deutschlands zünden mußten. Es wären die Kammern eines kalten Herzens, durch welche jene Aufregungen sich nicht hindurch gedrängt hätten. Und wie vieles noch gesellte sich zu ihnen! Die Ohnmacht der entwirrten, blutlosen Literatur, die feige erbärmliche und talentlose Belletristik, welche bisher gegolten hatte, die Entfremdung der Gebildeten, die Feindschaft des Staates und derjenigen Institutionen, die, wie z. B. Schule und Kirche an seine schützende Obermacht sich schmeichlerisch anlehnen, ja zuletzt noch Erfahrungen, die persönlich sind und als solche noch nicht erwähnt werden dürfen, aber mit all den Philisterhaftigkeiten einer furchtsamen, prüden und materiellen Gesellschaft zusammenhängen. An wem dies alles vorübergezogen ist, ohne daß er aus seinem Schlafe gerüttelt wurde, der kann sagen: Wally und die Vorrede zu Schleiermachers Briefen waren frech, Mundts Madonna tollhäuslerisch, Wienbargs Theorie der „schönen That“ eine Prahlerey; aber es werden Zeiten und Menschen kommen, die nicht über uns den Stab brechen werden, sondern über die, welche aus einem kleinen, verschrumpften, selbstgefälligen Herzen, aus ihrem Hausbedarf einmal eingelernter Bildung und Urtheile, aus der Trägheit eines Verständnisses 73 der Literatur, das zehen Jahre hinter dem Werdenden zurück war, eine Erscheinung richteten, die wahrlich eine nicht fruchtlose Blüthe tief wurzelnder organischer Voraussetzungen war.
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Gedanken im Kerker.#
(Wörtlich aus meinem Tagebuche entnommen, als ich hörte, daß meine Schriften von Preußen für immer verboten wären).
Daß meine Vergangenheit ausgelöscht wird, ertrag’ ich wohl; aber daß man mir die Zukunft nehmen will, ist schmerzlich! Den Funken, der in mir brennt, darf ich nicht verglimmen lassen. Wer so weit, wie ich, aus den Fugen der Gesellschaft gerissen ist, kann nicht mehr zurück und der Vorsprung, den er hat, das ist der rechte um seiner Nation zu nützen. Einer Nation nützen, heißt sich aufopfern. Aufopfern wird sich nur der, der nichts mehr zu verlieren hat!..... Die Religion werde durch Belletristik untergraben! Aufrichtigkeit versöhnt, Großmuth entwaffnet; ich gestehe, daß die Schuld hier nur die meine ist. Heine spottet der Religion, aber es ist seine Tendenz nicht. Wienbarg ist ohne Schuld, Laube erklärt ja, daß er den „Geleisen des Bestehenden“ folge; denn sein Geist - und ach! sein Körper sind 74 geprüft! Und liebt Mundt das Christenthum nicht eben so sehr in der Philosophie, wie er es in der Dogmatik allerdings verwirft? Mundt ist ja mild, versöhnlich, dem Verständniß der Masse unzugänglich, Schüler der preußischen Staatsphilosophie eines Hegel. Ich stehe allein: ich trage die Schuld..... Wozu die Genossen? Es sind meine Freunde nicht, es sind Rivale. Ihre Freunde schürten Haß, nicht Liebe unter uns. Mundt streicht Heinen im Buch der Literaturgeschichte aus. Wienbarg spricht Mundten dafür den Verstand ab. Laube ist ein zweideutiger Freund. Hier ist keine Tendenz, kein System, keine Verabredung. Nur einige Männer seh ich, von denen jeder sich einbildet, der Nation verheißen zu sein.... Heine spricht vom „jungen Deutschland.“ Er denkt an die jeune france, eine gesellschaftliche Carikatur, eine Carikatur des Modejournals. Im Figaro und im Vaudeville wird jene blasirte Phantasterei verspottet. Ihr republikanisch-doktrinäres Air mit St. simonistischen Falten und Wellenlinien gab ihm die Veranlassung, von einer jeune Allemagne zu sprechen..... Parteiungen in der Literatur sind mir zuwider; denn bei sogenannten Schulen will sich nur die Mittelmäßigkeit der Einen auf die der Andern stützen. Wo die Verantwortlichkeit 75 solidarisch ist, wird der Einzelne sorglos und die Menge durchschaut Alles. Ich bin noch lahm in der Hand von meinem Kampf gegen das häufige Reden von: Bewegungsliteratur, zeitgemäßer Poesie u. s. w. Was den Autor macht, ist sein Individuum. Das Originale wird nie ersetzt durch die Zeit, das Genie nie durch die Tendenz. Ich forderte Mundt nicht auf Bücher heraus, die die Stationen und Ruhepunkte einer planlosen Bewegungsliteratur sein sollten, von der er immer spricht, sondern auf Kunstwerke, die in sich abgeschlossen sind. Sie nannten mich dafür taktlos, und wußten nicht, was sie aus mir machen sollen..... In dem Journale: die deutsche Revüe, wollt’ ich die Interessen der Literatur erweitern, sie von der Belletristerei befreien, Gedanken aus der Wissenschaft ihr zuführen. Wienbarg und ich, wir riefen die junge Literatur auf, wußten aber wohl, daß auch sie einst alt sein wird. Nur junge Talente riefen wir, daß sie eilten, sich unter die alten zu mischen. Die Katheder sogar sollten einen Mittelpunkt finden, die Gelehrsamkeit sollte, freilich im geschmackvollen Gewande, zum Volke dringen. Der Gelehrten kamen, mehr, als ich genannt, mehr als später widerrufen haben. Sie widerriefen wehmüthig, gezwungen von den Angebern. 76 Sie sahen die Zeiten der Athenäen, Horen, Propyläen wieder erneut. Die deutsche Revue sollte Hermes Psychopompos werden, der aber diesmal aus dem Schattenreich ins Reich der Lebendigen führte. Eine Revolution wäre gekommen, aber die Heilsamste. Wir hätten bei dem immer noch zuströmenden Andrang von Gelehrten eine Macht gehabt, die beneidet zu werden verdiente, und schon, wenn die gewöhnliche Belletristerei erstickt wäre, hätten wir Großes gewirkt..... Ich hinderte das Ganze, und doch nicht ich, sondern Menzel. Den Ruf, den er mir gab, und noch giebt, während ich den Richterspruch erwarte, will Niemand theilen. Jeder ist froh, daß er das Leben hat..... Göthe führte einen Sack,*) in den er alles hineinwarf, was er glaubte, für das besondere Colorit seines Mephisto brauchen zu können. Wir alle führen einen solchen Sack. Wir alle stoßen, wenn wir nachdenken, auf Gedanken, die fürchterlich sind und die wir nicht aussprechen. Man speichert sie aber auf, an Orten, die feuerfest sind, wo kein Funke hinzukann. Denn zündete er, so würden wir selbst mit in die Luft gesprengt werden. Menzel, ich kenn’ ihn ja, hat ein solches Magazin von Ideen, 77 die er halb fürchtet halb liebkost. Es sind revolutionäre Abstraktionen, Tollheiten aus der Geschiche, kopfhängerische Parallelen. Nun brechen sie aus ihm heraus, nun kann er sie aussprechen da er sie einem Andern unterschiebt. Nun genügt er seinem Gelüst, das Tollste in den Mund zu nehmen, da es ihm keine Gefahr, eher noch Ehre bringt. Von Funken aller sozialen Transcendenzen, die nur je aus Sprühköpfen knisterten, steh’ ich in lichterlohen Flammen. Er dilettirte nur auf das Ungeheure; ich aber bin ein Meister darin. Menzels Sonne sinkt, deßhalb werf ich einen so riesigen Schatten. Wie das lärmt in Deutschland, während ich ruhig lächle und mir die gesprungenen Fensterscheiben mit Werg ausstopfe und nach Mäusen jage, die meine größten Freunde sind. Möcht’ ich doch eine Satyre schreiben: „Das junge Mäuseland;“ aber die Zeit ist zu ernst, die Anklage zu groß. Denk’ ich lieber nach, wie ich eigentlich zur Revolution stehe!.... Die französischen Encyklopädisten haben die Revolution nicht geahnt, Rousseau ahnte sie nicht; sie könnte also kommen, ohne daß man in ihrem Solde steht. Aber sie kommt nicht; denn unsere Aufregung ist nur Rest, übrig gebliebene Materia peccans. Schreiben und wirken läßt sich für die Auflösung nicht, sondern für 78 den Frieden und die Versöhnung. Revolutionär sind wir nur noch in dem Aussprechen dessen, was Friede und Versöhnung hier und da noch zu hindern scheint. Die Republik ist die beste Staatsform; denn in ihr ist Alles gleich; aber Gott muß sie geben, Menschen können es nicht. Wir verlernen die Revolution, die Kräfte lassen nach, die Gegner finden sich ab. Wir denken nicht an Staatsformen, sondern an Menschenbildung, an Menschenwohl..... Und Heine vielleicht denkt zunächst nur an sein eignes; der Arme, verschlagen nach Paris, einsam an einer ungeheuren Brandung; weit mehr Dichter als Partheimann! Warum verfolgt man dies große Talent, das Deutschland besitzt, das uns durch seinen Geist, seinen Witz, seine Phantasie erfreuen, erheitern könnte, ließe man es friedlich seine Wege ziehen, und verböte nicht zwanzig Bogen deßhalb, weil drei Seiten unter ihnen mißfallen! Mag er auch für seine neuesten Schriften Wahlen getroffen haben, für die sein Gedächtniß nicht vorbereitet, sein Styl nicht keusch genug ist; ist er aber in dem Grade revolutionär, daß einige Staatsbeamte wagen dürfen, uns den vollen Genuß dieses seltnen Menschen zu verkümmern?... Und nun Laube! Wo ist die Revolution, die er will? Giebt er nicht Alles auf, der Traurige, sich, die Nation, 79 seine Schriften, seine zur süßen Gewohnheit gewordenen Sympathien, nur um sich zu rechtfertigen? Er glaubt sich dadurch zu entschuldigen, daß er mich anklagt; mich braucht er als Gummielasticum, seine Flecken zu reinigen, statt zu sagen: Es giebt kein junges Deutschland! sagt er: ich gehöre nicht dazu! Varnhagen hat ihn aus der politischen in die ästhetische Schule genommen. Gebt ihm Freiheit, volle Freiheit, und ihr werdet staunen, wie er für die „überlieferten Pietätsstoffe“ für das „Naturwüchsige“ schreiben wird! Das Vertrauen der Regierungen würd’ er nicht nur nicht täuschen, sondern glänzend rechtfertigen, übertreffen sogar. Ich bemitleide ihn, denn er wird dem Schmerze sich verkannt zu sehen, unterliegen..... Wienbarg ist Demokrat, unläugbar; aber mehr in sich selbst als Mensch, weniger als Schriftsteller, was zu sein ihn nur augenblickliche Stimmungen veranlassen. Ihn lenkt der Zufall. Ihm fehlt die gesellschaftliche Wurzel in einem festen Boden, von dem aus er einen bestimmten Plan verfolgen sollte. Er grollt und glüht für sein Vaterland und doch ist er heimathlos. Ein Katheder und zu seinen Füßen die Jugend; er würde sich trefflich bewähren..... Mundt ist kein Politiker, er ist Preuße durch Sympathie und durch Hegel. Seine Heimath ist ihm 80 die Intelligenz selbst. Ihn hat Steffens gestürzt, dessen charakterlose Metamorphosen er mit allzugrellen Zodiacallichtern beleuchtete. Mundt ist nur kein Pietist; nur deßhalb hat er dem halben Berlin in seinem Blatt den Krieg erklärt. Ihn verfolgt Lokalerbitterung, die von Steffens, einem Virtuosen der Intoleranz, geschürt wird..... Und ich selbst? Auch ich leide an Berlin. Ich habe in meiner Jugend nichts gehört, als Königl. Hoheit, Königl. Majestät, Geheimer Rath, Excellenz, ich bin der Sohn eines Beamten, der jedem seiner Vorgesetzten den ihm nach dem Staatsadreßbuche gebührenden Titel gab und seine Kinder früh zu derselben Unterwürfigkeit erzog. Aber ich las, ich forschte in den Alten, mein Geist lechzte nach Freiheit, ich sprengte die Fesseln und werde, da ich einmal knechtisch erzogen bin, ewig hassen, was vornehm ist. Ich konnte stolz mein Haupt erheben; denn Alles gelang mir; überall wo ich auftrat, in der Schule, auf der Akademie, auf der Kanzel, überall gab ich die Entscheidung. Ich konnte das Höchste erreichen, und opferte es, die glänzendsten Aussichten stieß ich von mir, da ich in den heimischen Verhältnissen zu ersticken fürchtete. Ich floh vor ihnen; aber man opfert das Glück nicht umsonst, man tröstet sich, wenn man sich wenigstens an ihm 81 rächt. Ich rächte mich an ihm und werde ewig die Bitterkeit in mir behalten, daß ich nicht auch so ἀλλὰ καὶ ὣς! werden kann, was ich geworden wäre. Ich habe nie fraternisirt; immer wollt ich allein stehen; auch in der Politik. Mein politischer Glaube ist zunächst Sache des Gefühls. Ich fand mich gekränkt und sah, daß Alles um mich her den Kummer und den Gram widerspiegelt. Die Menschen könnten glücklicher sein; nie werd ich Optimist werden!.... Ich hatte Alles, um Priester, Volkslehrer, Jugendlehrer, vielleicht noch Größeres zu werden; nichts, um ein Dichter. Ich hatte nie daran gedacht, ich war nie Egoist, sondern schuf nur, um zu wirken; ich hätte müssen Baumeister, Staatsmann werden. An der Kritik erst lernt’ ich, mich concentriren; an dem, was schlecht gemacht wurde, sah’ ich, wie es sein mußte. Noch einmal aber überschlich mich der schöne Traum einer gesellschaftlichen Wirksamkeit. Ich gebe Alles auf, ich fange wieder von Vorn an, werde Jurist und setze mich zu den Studenten in Heidelberg und München, aber ich hatte zu tief den Becher der Freiheit gekostet; den Tag schenkt’ ich Justinian, die Nacht den Musen. Die Nacht verzehrte den Tag; ich versank in eine Subjektivität, die nur eine einzige objektive 82 Grundlage hatte, das Unglück. Ein Vorhang darüber! Die mein Herz getödtet haben, tragen die Schuld, daß ich mit todtem Herzen denken, dichten konnte. Ich bin wieder in Berlin. Mich versteht Niemand. Alles, was in meinen Knaben- und Jünglingserinnerungen verflochten ist, rennt der Krippe des Staates zu; jedes Wort, das ich höre, ist knapp, kurz, zugemessen, ganz in der herzlosen Art, die man am Rhein die preußische nennt. Maha Guru existirt nicht, selbst bei denen nicht, denen ich das Buch in die Hand gab. Ich werde verwildern; ja schon hass’ ich die Bildung, der ich mein Denken verdanke. Meinen Unmuth schleudre ich mit Hohnlächeln heraus; ich schrieb, so aber, daß es wie Raketen aufprasseln mußte; Wirkungen berechnete ich nicht, aber sie konnten da nicht ausbleiben, wo man dämonisch produzirte. Was ich denke, ist bald gestaltet; was ich anschaue, steht im Nu verkörpert da. Tendenz kenn ich nicht, ob ich gleich die schönste habe, die es giebt, meine Ueberzeugung; aber Tendenz ist es nicht, die mich Wally schreiben ließ. Mein Gemüth mußte Frieden haben; die letzte Anstrengung, wie eine vulkanische Eruption mußte ihr noch einmal vorangehen. St. Simonismus, Wiederherstellung des Fleisches, junges Deutschland; kenne 83 von dem Allen nichts, kenne mein Herz nur, mein Leben, meine Todten..... Strafbar ist es vielleicht, seine Gemüthsumwälzungen öffentlich in Scene zu setzen; strafe man mich! Aber meine Zukunft mache mir Niemand unmöglich! Ich werde immer etwas Eignes haben; aber nur, um nicht mit Andern verwechselt zu werden. Das „Bestehende“ werd’ ich nicht lehren; denn dies müßte selbst die beleidigen, die es schützen und die da wüßten, daß dem Positiven ängstlich aus dem Wege gehen nicht heißt, das Positive billigen. Fühlen werd’ ich minder hart, minder dornig. Denken aber und Forschen, nach wie vor.
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85 1836.#
Ich habe an diesem Bruchstück, welches den aufgeregten Charakter der damaligen Katastrophe gewiß nicht verläugnet, nichts geändert. Es kann der sprechendste Beweis der Stellungen sein, die schon damals die zusammengenannten Mitglieder einer neuen Schule gegen einander einnahmen. Das Band, welches sie vereinigte, wurde von außen umgelegt. Kein Wunder, daß sich die nur gemachte Verbindung allmälig auflockerte. Die Rücksichten gegen einander hörten auf: die eigne Kraft mußte der Anlehnungspunkt des Einzelnen werden.
Seit zwei Jahren bietet unsre schöne Literatur einen Anblick dar, über welchen es schwer ist, ein festes Urtheil zu fassen. Auf der einen Seite traten einige Heroen früherer Literaturrichtungen mit Werken auf, die sich eines nicht ganz so glücklichen Erfolges erfreuten, wie sie vielleicht erwartet oder wohl gar verdient 86 hatten. Auf der andern fuhren die im Vorgrunde stehenden geächteten Autoren fort, für ihren Character oder wenigstens ihre Gaben neue Belege, wenn auch unter den schwierigsten Verhältnissen, herauszugeben. Ein jüngrer Nachwuchs trat, die Warnungstafeln, wo Jene verunglückt waren, wohlbeachtend in deren Fußtapfen und zeichnete sich bald durch wirkliches Talent, bald nur durch inhaltsleeren Enthusiasmus aus. Andre wieder reagirten gegen Alles, was geschehen war, indem sie der Idee einer neu sich gestaltenden Literatur bald mehr, bald weniger, oder gar nichts einräumten. Es fehlt an solchen verspätet Nachhinkenden nicht, die Alles ausstreichen wollen, was sich seit 1817 ohne ihr Zuthun begeben hat, eine Anmaßung, die besonders durch Hitzigs fürsorgliche Warnungen ermuthigt wurde. Ein vollständiges Bild von dieser Bewegung zu geben, ist nicht möglich. Einzelne Erscheinungen mögen durch das Folgende hervorgehoben werden!
Das Jahr 1836 brachte von Immermann „die Epigonen,“ eine reife Frucht vom Baume langjähriger literarischer und Welterfahrung. Rehfues gab in seiner „neuen Medea“ einen Roman, dessen Erfindung und Darstellung zwar hinter dem Scipio Cicala 87 zurückbleibt, aber doch wieder poetische Fähigkeiten offenbarte, wie sie schwerlich in Deutschland einem Bearbeiter des historischen Romans bisher zu Gebote gestanden hatten. Dramatische Versuche von Halm in Wien hielten sich auf dem Repertoir der Bühne. Hier und dort gelang eine erfreuliche Dichtung, ein Epos, eine Novelle, ein Bühnenstück. Varnhagen von Ense, Funck und August Lewald zerstreuten durch ihre Erinnerungen und Denkwürdigkeiten.
H. Laube’s Entwickelung entfernte sich immer mehr von jenem Mittelpunkte gemeinschaftlicher Kennzeichen, die man auf Schriftsteller einer und derselben Kategorie bezog. Er wie Mundt gaben sich einer Ausbildung nach Richtungen hin, wo sie für sich selbst verantwortlich wurden. Laube versuchte sich in einer vorzugsweise weltmännischen Auffassung der Dinge, in einer Vornehmheit, wo ästhetische und gesellschaftliche Einflüsse in einander verschwimmen und etwas hervorbringen sollten, das mit Göthe’s Dichten und Denken eine Verwandtschaft hätte. Gegen den Charakter, den sich Jemand aus seinen angebornen Mitteln geben will, läßt sich nicht viel einwenden. Wenn H. Laube hauptsächlich im Vornehmen die Lösung aller seiner Zweifel und Hoffnungen sahe, so wollen wir ihm selbst 88 das Zugeständniß eines edlen Stolzes machen, aus dem dies Trachten nach Auszeichnung und höherer Rangordnung, in welchem sich selbst seine poetischen Gebilde bewegen, zunächst zu entspringen scheint; eines Stolzes, der den Adel nicht von der niedern Geburt für abwesend hält, sondern das Vornehme in dem sucht, was Einer im Leben darstellt und gesellschaftlich entwickelt. In Beinkleidern zu gehen, wo die Sprungriemen so fest angezogen sind, daß auf jenen keine Falte liegt, mit Reitgerte, Sporen, im Sammtgilet mit goldner Kette darauf, mit musterhaftem Knoten an der Cravatte, kecken Hutes, kecker Haltung; diese Vornehmheit ist an einem schönen schlanken Körper, wer ihn hat, reizend genug. Nur frägt sich, ob das Herz unter dem wattirten Frack nicht zu schlagen aufhört, ob der Castorhut die Gedanken nicht beengt, ob überhaupt mit dem knappen und strammen Wesen etwas Andres ausgedrückt werden soll, als eine dem Auge wohlgefällige geschmackvolle Stutzerei, überhaupt der Gentleman? Hier ist es, wo H. Laube’s Vornehmheit sich auch beengend auf das Herz und die zusammengeschnürten Respirationsorgane geworfen hat. Er überträgt den Maaßstab der Courtoisie auch auf die Beziehungen des Lebens, die Verwickelungen der Ge-89sellschaft, die Räthsel der neuern Poesie. Er sieht das Moderne, einen seiner häufigsten Ausdrücke, nicht blos im Ausschnittladen, sondern in Sitte, Kunst, Wissenschaft, in den höchsten Gesetzen. Er versteht darunter einen Parfum, der aus einer Mischung von Heine und Varnhagen von Ense, oder um an die erste Hand zu gehen, wo der Stoff ächt zu haben ist, von Heine und Göthe zusammengesetzt ist. Daß sich aus dieser Mischung eine Weltansicht gewinnen läßt, ist nicht zu bezweifeln. Nur scheint mir, daß das Experiment bei H. Laube nicht glückte. Er lernte seinen Mustern nur gewisse Handgriffe und Aperçus ab; er wußte den neuen Formen aus seinem eignen Innern nicht Geist, Gemüth, Leben, Erfahrung, Tiefe und Bedeutsamkeit genug und in jeder Hinsicht zuzuführen. Seine Romane: die Schauspielerin, das Glück, die Krieger, die Bürger, die fortgesetzten Reisenovellen verrathen alle, daß hier die formelle Crustation der Vornehmheit sich keinem reichen, körnigen Stoffe mitgetheilt hat, und daß die Form das Wesen ersetzen soll. Laube braucht die Göthesche Sentenzenweise; aber was er mit ihr glättet und polirt, ist meist ein vorher schon nichts sagender Stoff; es soll ein geistreicher Aphorismus werden und wird gewöhnlich eine geleckte und ge-90putzte Trivialität. Laube ist nicht tief, nicht schöpferisch. Er hat über keine großartige Prädestination zu gebieten; er würde ohne Heine, ohne Börne, ohne Varnhagen, ein gewöhnlicher Romanschriftsteller à la van der Velde geworden sein, wofür die Krieger Beweises genug sind. Er würde ein Breslauer Journalist sein, der sich weidlich zu tummeln versteht, oder, vielleicht ein mittelmäßiger Dramen-Dichter. Die Vornehmheit steht dem Reichen schön: beim Armen ist sie eine Grimasse. Außen Sammt und unten ein zerrissenes Hemd. Komödiantenwirthschaft.
Manchmal bricht jedoch etwas Naives und Rührendes durch diesen Flitterkram hindurch. Manchmal neigt sich dies bethörte Herz der Idylle zu. Seine Gefängnißgedanken in den Bürgern sind schön, ich werd’ es nie bestreiten; aber bald verfliegt der Traum und nur noch die künstliche Phantasmagorie fährt fort. Ich bin nicht in dem Grade Plebejer, ein Zimmer mit Vorhängen, hinter denen Gräfinnen, die uns lieben, in schweren seidnen Gewändern rauschen, ein Zimmer von obenher mit magischer Erleuchtung, und rings weiße Statuen in den Ecken nicht für zauberhaft zu erklären; allein ewig möcht’ ich nicht darin wohnen. Ich muß auf’s Land, in eine Bauernhütte, in 91 den Wald, an einen Fluß, wo ich mich am Ufergrase ausstrecke und Steinchen in die Fluth werfe. Alle diese Momente, tief empfunden, fehlen bei Laube. Indessen sein Gemüth ist lange noch nicht so oberflächlich, wie sein Geist und dessen Erfindungsgabe. Seine Novellen, Skizzen und Romane drehen sich alle um dieselben Angeln; die Frauenbilder, meist üppige, kokette, den Männern sich anbietende Gestalten, gleichen sich zum Verwechseln. Der Pinsel, der sie malt, ist haarig; sein Strich unrein, uneben; der Styl nicht intuitiv, geistreich und flüssig. Den poetischen Reiz desselben verdrängen häßliche abstrakte Worte, als da sind: Zustände, Bezüge, stofflich und ähnliche in Varnhagens Schule gelernte verallgemeinernde, sprachgeisttödtende Formeln. Ueberhaupt weht über Laube’s Arbeiten eine Flüchtigkeit, die ihnen schon von vornherein den Stempel aller feinen classischen Präzision, auf die sie doch Anspruch machen, nimmt. Nur ein niedrigstehendes Publikum aus der Provinz kann an dem Wesen Theil nehmen, das uns Laube in seinen Schriften entfaltet. Es ist nicht ungerecht, daß ich ihn einen „göthisirenden Clauren“ genannt habe.
Ich kann dasjenige, was mich von Lauben hinfort immerfort trennen muß, nur flüchtig andeuten. Es 92 werden Geister kommen, die die Verschiedenheit näher bestimmen. Es läßt sich nun nichts verschweigen, wenn es auch schwer ist, auf Einmal Alles zu sagen. Dem freisinnigen Geist unsrer neuern Literatur hat Laube zwar nicht ganz abgeschworen, aber sein trauriger Wahn und sein Ehrgeiz sind es, die ihm die Möglichkeit vorspiegeln, die Reform auf eine Weise zu betreiben, welche minder gefährlich und beinahe im Sinne des Bestehenden ist. Er nennt dies in seinem modernen Gewälsch: „Neues Terrain gewinnen“ - „Neue Positionen fassen.“ Er macht denen, die seine Vergötterung Börne’s noch nicht ganz vergessen haben, den Vorwurf, daß sie ihm immer noch mit den „Kategorien der Julirevolution kämen“ und ihn mit der süddeutschen Elle messen wollten. Er wird in seiner Literaturgeschichte sagen, daß ich Manns genug wäre, die „neue Gedankenposition“ zu begreifen, und doch die Perfidie besäße, ihn immer nach den Voraussetzungen des verblühten Liberalismus zu beurtheilen. Genug davon. Ich werde mich für immer von ihm trennen müssen. Darüber muß Entschiedenheit sein, was der Eine will und was der Andre fürchtet. Ich habe, da die Umstände es zu wollen schienen, bis jetzt noch immer die Kette eines zersprengten Bundes, der 93 nie da war, mit mir geschleppt; ich habe Laube getragen, ich habe ihn meiner angeblichen Pedanterei spotten lassen: nun muß Licht werden! Ich wandle meinen eignen Weg.
Mit Mundt komm ich in dieselbe Lage. Nach der Katastrophe, deren ganze Schuld mit kleinlichem Vorwurfe er mir beimißt, suchte er sich durch eine scheinbar gelehrte Arbeit jene literarische Würde wiederzugeben, die wir zu verlieren fürchten mußten, da man ungehindert das Albernste dem jungen Deutschland zumuthete. Sein Buch über die deutsche Prosa bietet einen wissenschaftlichen Gewinn nicht dar. Keine schwankende Frage der Gelehrsamkeit, keine neue Wahrheit ist durch diese unfruchtbare Arbeit festgestellt. Der historische Theil ist den Handbüchern entnommen, der theoretische bietet nicht die geringste Ausbeute dar. Der Styl einiger deutschen Schriftsteller wird mit jenem leidlichen kritischen Talente, das wir dem Verfasser nicht nehmen wollen, skizzirt. An feinen Maximen und Erfahrungen über die innere Natur des Styls findet sich nicht einmal der Versuch, auf solche hinauszukommen. Statt dessen schildert Mundt die große Bedeutung, die in der neuern Prosa liegen solle. Den Varnhagenschen entnervten Styl setzt er über den 94 durch und durch intuitiven eines Heine, den er in diesem Buche fast nicht zu kennen scheint. Den Dichtern in gebundener Rede verkümmert er auf Kosten seiner weltbefreienden Prosa den Ruhm, den sie sich in Deutschland neuerdings durch die genialste Behandlung der Sprache zu erwerben wußten. Er trat mit der Ansicht, daß die Mission der Literatur lediglich in der Prosa läge, immer deutlicher hervor und verrieth, was jetzt schon kein Geheimniß mehr ist, daß sich alles Uebergewicht in der Literatur nach der Seite hinwerfen müsse, wo er und Varnhagen ihren klassischen Styl schrieben!
Ich habe selbst gesagt, daß die deutschen Lyriker nicht Alles umfassen, was unsre Literatur zu höherm Aufschwung bringen könnte; ich fühle, daß aus der ungebundenen Diktion sich grade noch die stolzesten Gebäude und Dichtungen erheben müssen; aber es soll uns doch nicht zugemuthet werden, dasjenige, was Mundt seit seinem Buche über die Prosa in poetischer Weise versucht hat, für diese hohe Anwendung der ungebundenen Diktion zu nehmen? Ich kenne nur einige kleine Novellen von ihm, die in diesem Betracht nicht genannt zu werden verdienen. Eine wenn auch etwas schwerfällige Erfindungsgabe räumt man gern dem 95 Erzähler der Novelle Mutter und Tochter ein. Einer seit Jahren geübten Routine muß es gelingen, in jeder Gattung etwas zu leisten, was nicht ohne alles Verdienst ist. Mundt ist in der Poesie ein Virtuose, der Alles nachahmt, ohne selbst etwas Außerordentliches hervorzubringen. Er wird jedes Ding so gut machen, wie Andre auch, die es nicht besser machen. Eine Novelle zu einer Zeitschrift wird verlangt: Mundt giebt sie. Ein Lustspiel - Mundt wagt es. - Ein Phantasiestück - hier ist es! Bei jeder neuen Zeitschrift, bei jedem neuen Almanach kann man Mundt passend verwenden. Kritiken, Novellen, Charakteristiken, Vertraute Briefe, Reiseberichte; mit Allem kann er dienen. Er hat ein nettes Compositionstalent. Von einem Dichter im höhern Sinne, einem großen sich entwickelnden Charakter, von einem Meister, der sich ans Bedeutendste wagt, von einem Menschen, der sich zum Mittelpunkte einer großartigen Kunstentfaltung machen wollte, ist freilich nicht die Rede. Innerlich, freudig und traurig, ist in Mundt nichts. Liebe, Lust und Schmerz - dazu gehören andre Seelen und Saiten.
Mundt’s kleine Gabe würde, da sie mit Bildung verknüpft ist, allgemein geachtet sein, wenn er nicht 96 überall mit einer beleidigenden Suffisance aufträte und sich durch seine geistes- und gemüthsdürren Freunde, unter denen nur Kühne eine edlere Stellung einnimmt, zu einem Phönix an Witz, Phantasie und Gemüth hinaufgipfeln ließe. Eine solche Ueberschätzung, wie sie Mundt für die kleinsten Arbeiten getroffen hat, mußte die öffentliche Meinung beleidigen. Gestürzt hat ihn Kühne, nicht gehoben durch seine lächerlichen Uebertreibungen. Hier sollte mehr als Sterne und Jean Paul sein; hier ist nur ein schwerfälliger Schäker, der mit bleiernen Flügeln den Schmetterling spielt: eine nüchterne Natur, die den Trunkenen, ein bedächtiger Mann, der den Knaben spielt: ein Tugendhafter, der sich frivol gebärdet: ein häßlicher Widerspruch, wenn man ihn bekämpft, ein rührender Widerspruch, wenn man ihn bemitleidet.
Mundt versuchte sich vor drei und vier Jahren in einer ernsten, und dem Höchsten gewidmeten Thätigkeit. Er that es ohne großes Talent, aber mit Begeisterung. Das kleine Talent ist da, aber die Begeisterung ist hin. Er reist nach London und Paris und schreibt witzelnde, suffisante, frivole Spaziergänge und Weltfahrten. Er versucht sich nicht nur durch Zufall in dem, was man in Frankreich La littérature facile ge-97nannt hat, sondern mit Absicht, mit Mißgunst gegen den, der mit der Zeit fortlebt, nicht ermattet zurückgesunken ist, immer noch das Höchste erstrebt, immer noch die Gesetze der Schönheit und die Interessen des Jahrhunderts im Herzen trägt. Er will, daß wir einem Buche, das ja immerhin ein harmloser Reisebericht sein dürfte, sogar einräumen, hier werde ein neuer Ton, die eigentliche zeitgemäße Sprache der Literatur angegeben! Und geschähe dies noch alles mit Heine’scher Grazie, mit Thümmel’scher Liebenswürdigkeit! Mundt ist launig, aber er will witzig sein; er ist bon enfant, aber es soll immer mit Methode sein. Ich kann über seinen Humor nicht lachen. Vorn ist der Satz metaphysisch, hinten frivol; vorn kömmt die Taglioni, hinten die Weltgeschichte: Die Taglioni „tanzt Göthe“ - so mischt sich immer der alte Literaturkram und die blasse Kathederweisheit in die Reihe Tanzender und Singender; die Musen und Grazien haben einen alten Amor mit verbundenen Augen in ihrer Mitte und spielen Blindekuh und Gänsedieb mit ihm. Nein! entweder sei ein ganzer Heine oder ein ganzer Professor; die Mischung von beiden ist häßlich und langweilig. Mundt’s Styl ist ohnedies eine alte Dame, die sich kokett mit gemachten Blumen und 98 seidnen Bändern aufputzt. Es ist keine Natur, kein Leben, kein Blut darin.
Mundt will sich das Ansehen geben, als wäre an das Schleppkleid seines langweiligen Wesens das Heil der Literatur genestelt; er that, als geböte er über die große Majorität, über die der Literatur gewidmete Theilnahme der Universitäten, Schulen und Cabinette; er identifizirt sich mit der öffentlichen Meinung und will mich in die Stellung eines verzweifelten Egoisten drängen, der alle Resultate, die wir seit einigen Jahren errungen, wieder verwirrte und aus Eitelkeit das Unterste zu Oberst kehrte. Mir fällt aber nicht ein, die Masse anzurufen; ich weiß nicht, ob ich Echo habe und erlaube mir die Mundtsche Täuschung nicht, mir ein künstliches zu machen. Macht, Terrain, Ansehen zu gewinnen - daran denk ich nicht. Ich urtheile und freue mich, wenn mein Spruch gefällt. Ich schaffe mir keine Partheien, ich will nicht Mittelpunkt einer neuen Bewegung sein. Im Dienste der Ueberzeugung, mein Vaterland liebend, die Schönheit liebend, schaff’ ich und wirk’ ich ohne rechts und links zu blicken. Ich verwirre nicht; ich entwirre. Ich löse die zusammengenestelten Unsterblichkeiten auf, die man in Leipzig und Berlin an geringfügige Talente verschenkt. Ich 99 schüchtre die wahrhafte Begabung nicht ein; ich bewillkommne Jedes, das im Keime Blüthen verspricht; ich sage nicht: Ihr müßt schaffen, wie ich! sondern Talent, wirkliches Talent ist mir in jeder Art willkommen, wenn ich auch gestehe, meine Vorliebe zu haben und das Eine besser zu finden, als das Andre. Schutzverwandte und Hintersassen hab’ ich keine. Daß ich mich mit Laube und Mundt auseinandersetzte, geschah der freiern Bewegung, der unbefangeneren Freiheit meines Urtheils wegen. Ich bin des Diplomatisirens in der Kritik herzlich satt.
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Allgemeine Musterung.#
Es wird in Deutschland sobald noch nicht dahin kommen, daß sich die schöne Literatur nur in ihren eignen ästhetischen Gesetzen wiegt. Ereignisse, wie z. B. das Cölnische, führen ihr immer wieder aus den Gebieten der Geschichte und Gelehrsamkeit neue Befruchtungen zu und geben ihr ein Gepräge, wie Frankreichs und Englands schöne Literatur nicht hat. So würden in Deutschland Erscheinungen wie Victor Hugo und Lamennais, wie George Sand und St. Martin oder Ballanche, wie Bulwer und Brougham, Molesworth 100 und Dugald Stewart nicht von einander getrennt stehen. Bei uns trugen Schiller und Novalis sogar eine theoretische Auffassung der Philosophie in ihre Dichtungen über; ja manche Erscheinungen wie Görres, Arndt, W. von Humboldt, Niebuhr, Börne u. A. stehen mit einem Fuß im Gebiete der Wissenschaft oder des Lebens, mit dem andern in der schönen Literatur oder wenigstens in ihren nächsten Vorhallen. Es liegt durch diesen deutschen Zusammenhang aller Geistesthätigkeiten bei uns ein schweres Gewicht auf dem poetischen Genius, aber die schöne Literatur ist dadurch auch wieder gesichert vor einer innerhalb formeller Bestrebungen leicht einreißenden Verflachung. So lange Geister und Glückskinder, wie Göthe, selten sind, die den ganzen Umfang der schönen Literatur mit ihren Riesenarmen umspannen und sich eine eigne Welt schaffen, die sie durch die Kunst wenigstens behaupten können, so lange wird man die Rückwirkungen der Wissenschaft und des Lebens auf unsre Literatur willkommen heißen müssen. Ein durch sie erdrücktes formelles Talent wiegt den großen Vortheil nicht auf, den eine zur leeren Grübelei geneigte Nation voraus hat, wenn sich in ihren geistigen Thätigkeiten keine Vereinzelung festsetzt, sondern ein gemeinsames Band Kunst, Leben, Wissenschaft und Geschichte umschließt.
101 Eine Darstellung der Uebergänge aus dem Leben und der Gelehrsamkeit in die schöne Literatur würde nicht ohne Belehrung sein. Wir begnügen uns hier, die einzelnen Gattungen der Poesie verfolgend, jene Kräfte aufzuzählen, welche gegenwärtig an ihrer Ausbildung arbeiten. Es ist dies ein Blick, den wir auf einen unvollendeten neu anzulegenden Garten werfen. Hier wuchert noch Unkraut, dort liegt ein öder Sandhügel. In einer Ecke rauscht ein schattiges Bosquet, einige Blumenbeete duften schon von den schönsten Anpflanzungen; grüne Wiesenrabatten bieten einen einfachen aber dem Auge wohlthuenden Anblick dar. Aber wenn jene Steppen angebaut sein werden, sind vielleicht diese Blumenbeete schon wieder verblüht. Ein einziges, gleichmäßig schön bebautes und angepflanztes Feld der Literatur sahen nur wenige glückliche Zeiten. Nur der Minnegesang war ein so fertiger Rosengarten, nur die klassische deutsche Literatur des vorigen Jahrhunderts ein so fertiger und abgeschlossen umzäunter Park, mit Urbäumen und künstlichen Wasserfällen, mit ächten Blumen und falschen Felsen, mit Griechentempeln aus Tannenholz, aber mit griechischen Priestern darin. Es war halb Natur, halb Kunst, aber ein Ganzes.
102 Die meisten der Sänger, welche wir oben rühmten, sind verstummt. Auch in H. Heine ist der Liederquell versiegt. Es ist ein so schöner Preis der Jugend, daß man jung sein muß, um zu dichten, und ein so herbes Zeugniß gegen das Alter, daß in ihm die Phantasie erfriert. Und doch gesteh’ ich nach meinem Gefühl, man müßte nicht aufhören können, zu dichten, wenn man ein großer Dichter ist. Daß Uhland, Schwab, Kerner, Heine jetzt schweigen, beweist manchen Vorwurf, den man ihnen machen muß, und nicht der geringste ist wohl der, daß sie dadurch verrathen, wie wenig individuelles Leben sie auszuhauchen hatten, wie viel von ihren Sängen erlernt, geborgt, wie viel von ihren Tönen der Mode gehörte. Rückert dagegen verfällt in das Andre. Er zieht die Fäden zu lang, er sollte nicht aufhören, aber öfter ansetzen. Man kann nicht sagen, daß Rückert sich durch seine orientalischen Helden- und Spruchgedichte neue Freunde gewinnt. Er hat fast Mühe, sich die Alten zu erhalten. Die jüngern Talente sammeln sich in Musenalmanachen und Odeen. Mit kluger Oekonomie weiß Freiligrath seine Gabe zu schonen. Lenau vergreift sich in seinen Stoffen. A. Grün überladet sich mit Bildern, die schon in Schwulst ausarten. Das kräftigste und hoffnungsvollste Talent 103 unter den Jüngeren ist Karl Beck, der alle Mittel besitzt, ein deutscher Byron zu werden. Er ist, wie junger Rebenmost, eben in der Klärung begriffen; aber die Anzeichen sind gut, es wird ein edles, preishaltiges Gewächs werden.
Im Roman ist es auffallend, daß man zwar Walter Scott, Cooper, George Sand und Balzac nachgeahmt hat, aber nicht Bulwer. Es scheint uns doch die Welterfahrung und die Menschen-Kenntniß des Engländers abzugehen, höchstens könnte sich der transatlantische Unbekannte (Sealsfield) mit ihm vergleichen. Im Roman offenbart sich noch immer am beleidigendsten die deutsche Literatur in ihrer Unreife, ihrer Rohheit. Selbst beliebte Erzähler stehen auf einer sehr tiefen Bildungs- und Kunststufe. Man muß sich schämen, ihre Schriften in den Händen der Frauen zu erblicken, oft schämen sich diese selbst und pflegen vor geistreichen Leuten die Bücher zu verbergen, die sie aus der Leihbibliothek entnehmen. Und doch fehlt es an Talenten nicht, wenn sie auch leider das klassische Arom nicht haben. Spindler ist ein wahrer Dichter, aber Bildung fehlt ihm. Er erreicht nur die Gränze, wo er ein ausgezeichnetes Genie genannt werden müßte, wenn ihm dann nicht Eines fehlte, was freilich Alles 104 ist! Tieck schweigt; er schreibt Memoiren. Leopold Schefer hat den Roman verlassen und sich der Spruchpoesie zugewandt. Er hat ein schönes Herz, das aber oft noch schöner thut, als es ist. Seine Romane sind voller Phantasie, wenn auch ohne Styl und Natur. Em. Scävola steckt, was Erfindungsgabe anbetrifft, ein Dutzend Laube und Mundt in seine Patrontasche (er war Militär); von dem Vorwurf der Unsittlichkeit, der ihn im höchsten Grade treffen mußte, weil er das Zweideutige mit Absicht aufsuchte, scheint er sich allmälig befreien zu wollen. Steffens belästigte uns durch einen langweiligen Roman, in welchem Angeber und Polizeispione die mit besonderer Vorliebe behandelten Helden sind. Immermann wird sich im komischen Romane meisterhaft bewähren. W. Alexis arbeitet in stillem Frieden fort und rührt durch die Entsagung, mit der er das Treiben der jetzigen Literatur beurtheilt. Er ist unglücklicher, als er verdient. H. König, F. G. Kühne und Sternberg in erster Reihe, J. Hammer, Duller, Mügge, Stolle, Worosdar, Seidlitz, A. Bürck, R. Heller in zweiter schließen sich dem Bessern an, was wir im Romane besitzen. B. Auerbach’s Spinoza weckte nicht gewöhnliche Hoffnungen.
Dem Drama suchte A. Lewald mit einem verstän-105dig geleiteten Almanach zu Hülfe zu kommen. Die Ursachen des Verfalls unsrer Bühne sollen jedoch tiefer liegen, als daß ihnen ein Dramaturg abhelfen kann. Ich glaube, der Verfall des Theaters liegt hauptsächlich doch nur darin, daß wir keine dramatischen Dichter haben. Man entschuldigt so gern seine Fehler durch die Umstände. Raupach, ein gewöhnlicher Küstenfahrer, wird allmälig abgetakelt. Töpfer aber, Holbein, E. Devrient, Blum sind noch nicht verdrängt, geschweige ersetzt; ebenso die Uebersetzer aus dem Französischen. Mancher schlechte Schauspieler macht gute Stücke. Auf Berger wollte man einige Hoffnungen setzen. Jämmerlich sind die Wiener, nämlich das Publikum. Würden Nestroy, Hopp u. s. w. so gemein als Dichter sein, wenn jene nicht darüber lachten? Zedlitz, Schenk, Immermann dringen nicht durch. Es fehlt das Mächtige, Gewaltige, Große, Herrliche, Freie. Diese Dichter sind kalt und opfern sich nicht. Grabbe ist todt; ein Glück für ihn und uns. Wie leicht die Bühne sich jedem nur einigermaaßen erträglichen Talente hingiebt, sieht man an den Erfolgen Halms und der sächsischen Prinzessin. Jüngere Talente lassen eine Wiedergeburt hoffen; Uffo Horn, H. Marggraff; nur müßten sie unter Schau-106spielern leben und sich durch das Mißgeschick, das ihre ersten Versuche treffen könnte, nicht abschrecken lassen. Willkomms Jahrbücher helfen dem Theater nichts und schaden der Literatur.
Umfangreicher ist jene Mischgattung der Literatur, welche sich mit der Darstellung von Reisen, Zuständen und Bagatellen beschäftigt und sich dazu der Form des einfachen Berichtes oder der Bilder-Skizzen und Aquarellmanier bedient. Fürst Pückler steht hier durch das Interesse seiner Mittheilungen eben so, wie durch seine geistreiche und witzige Auffassung oben an. A. Lewald hat ein Erzählungstalent, dem, so oft es sich mit wirklich Erlebtem beschäftigt, alle Vorzüge einer saubern und netten Ausführung des meist recht hübsch in Scene gesetzten Materials zuerkannt werden müssen. Ed. Beurmann verbindet mit einem nicht geringen Talent zur Satyre auch seit einiger Zeit eine weltmännische Sicherheit des Blicks, die ihn nichts, was an den Menschen und Dingen ein charakteristisches Gepräge hat, übersehen läßt. Ed. Gans giebt zuweilen anmuthige Berichte über Reise- und Lebenseindrücke. Varnhagen von Ense setzt mit Liebe die Erzählung seiner wichtigsten Lebensmomente fort und widmet hie und da einem Verstorbenen oder Verkannten Todten- und 107 Sühnungsopfer. Fr. Kottenkamp hat ein verdienstliches Buch über die Engländer geschrieben. E. Kolloff faßt Pariser Sittenzustände mit feinem Blicke und im tüchtigsten Sinne auf.
Der Kritik ist nicht zu trauen. Feindseligkeiten untergraben das Feld der Literatur. Die Lesewelt mißtraut dem Lobe und dem Tadel, da beide von Partheien ausgehen. Gepriesene Bücher gehen spurlos vorüber, getadelte werden gelesen, nicht weil der Tadel reizt, sondern weil man weiß, daß einige Namen in der Literatur nur dazu bestimmt scheinen, getadelt zu werden. Literarische Kleinkrämer drängen sich unter die Grossisten und höhnen Talente, die sie erdrücken würden, zögen sie nicht vor, zu schweigen. Die Kritik ist ohne Liebe, ohne Billigkeit, ohne den heiligen Drang, nur und nichts als gerecht sein zu wollen. Dem Geiste opfert man die Tendenz; der Tendenz das Talent. Statt zu widerlegen, will man ausrotten, man appellirt statt an den Genius der Literatur, lieber an das Vaterland, die Nation, die Polizei. Cliquen bilden sich mit den bestorganisirten Angriffsplänen. Zeitschriften werden gestiftet, alte geworben, um von verschiedenen Seiten Kreuzfeuer zu unterhalten. Wo Gründe nicht helfen, müssen Persönlich-108keiten zu Hülfe kommen. Wen man durch Lessing nicht besiegen kann, greift man durch Verzerrung seiner Person an. Kleine Helden bieten sich den größern an und üben ihren Styl, indem sie tadeln, wen diese wollen. Oft thun sie mehr, als ihnen gerathen wurde. Dann verwirren sie Alles und bringen Freund und Feind in Verlegenheit. Andre schweigen, Andre sind einer buchhändlerischen Firma verkauft. Urtheile, selbst billige, sind meist die Frucht von Vorurtheilen. Was jeder leiden kann, das liebt er; in fremde Naturen sich vertiefen, kostet länger Mühe und mehr Entsagung, als, ihnen den Stab zu brechen. Wer nicht ins Blaue schwärmt, heißt herzlos. Dichtungen, die nicht allen und Aller Idealen entsprechen, heißen Verstandeswerke. Wem man etwas Großes nicht zutraut und findet doch, daß er ein Werk, das uns ergreift, geschaffen hat, der hat sein Werk nicht gedichtet, sondern nur gemacht; man bewundert sein Genie nicht, sondern nur sein Talent. Von großen Geistern, die da kommen sollen, wird gesprochen; während sie vielleicht schon da sind und nur mit Füßen getreten werden. Scheint es doch als wäre unsere Zeit uns selber so verhaßt, daß wir ihr das Außerordentliche nicht zutrauten. Absichtlich verleidet man sich das, was sonst zu allen Zeiten von 109 den Menschen mit Liebe gepflegt und als eine Zierde grade ihrer Epoche bewundert wurde.
Menzel ignorirt mehr als ein Drittel der laufenden Literatur. Die Jäger sind ihm nicht da, weil er sie, wie der Vogel Strauß, nicht sehen will. In Wien dürfen neue Entwickelungen und Erscheinungen der Literatur kaum genannt, geschweige beurtheilt werden. Preußen untersagt die Beurtheilung von fünf Autoren selbst denen, die sie bekämpfen oder mit Milde und Mäßigung eines Bessern belehren wollen. Die gelesensten Blätter bringen keine Kritik. Die beste Kritik findet sich oft in Instituten, die sich erst mühsam aufschwingen müssen.
Das größte Ansehen in der Kritik könnten jene jüngeren Köpfe gewinnen, die mit wissenschaftlicher, besonders philosophischer Ausbildung nicht jene Feindseligkeit gegen die neuern Entwickelungen der schönen Literatur verbinden, welche gelehrten Specialitäten sonst eigen ist. Die Hegelsche Schule, am frischsten noch in dem akademischen Leben wurzelnd, hat einige jüngre Schößlinge gezeitigt, die gerade die am meisten vernachlässigte Seite des Systems, die ästhetische-literarische, vertreten könnten. Hotho und Rosenkranz sind Instanzen, an die nicht genug Berufung stattfinden kann. Strauß, 110 Vischer, C. Reinhold, G. Schlesier, Ruge, Echtermeyer könnten den meisten der schwebenden kritischen Fragen eine Entscheidung geben, gegen welche das journalistische Partheienwesen schwerlich gewichtigen Einspruch thäte. Auch Weiße hätte zur Gerechtigkeit die Gabe, aber nicht die Ueberwindung. Gervinus versteht die Bücher und das Gewordene, nicht die Menschen und das Werdende. Zur ächten Kritik gehört ein Gemüth, das das Gras wachsen hört. Unsere Kritik merkt nicht, horcht nicht, sie liest kaum, wie man lesen soll. Sie tödtet ein Buch wie ein Lebendiges; da es doch etwas Schlummerndes ist, was die Liebe erwecken sollte. Nirgends werden mehr Herzen zertreten, als in der Kritik. Aus Irrthümern macht man Absichten; statt bei einem verfehlten Werk Priester zu sein, der zur letzten Oelung kömmt, ist man kalter, gefühlloser Todtengräber. Einen sinnigen Versuch zur ächten Kritik hat Alexander Jung in seinen Briefen über die neueste Literatur gemacht. Man muß die Erscheinungen aus dem Gewühl des Tages entführen, und sie in der Literaturgeschichte, wie im Aegypterlande, unterbringen so lange, bis die Zeit erfüllet ist, und alles Volk versteht, was vor dreißig Jahren nur Engel und Propheten verstanden.
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Apparat#
Bearbeitung: Wolfgang Rasch, Berlin#
1. Textüberlieferung#
1.1. Handschriften#
1.1.1. Übersicht#
Es sind keine handschriftlichen Überlieferungsträger bekannt.
1.2. Drucke#
Gutzkows Beitrag Vergangenheit und Gegenwart erschien im ersten und einzigen Jahrgang des "Jahrbuchs der Literatur" für 1839, der schon im November 1838 herauskam. Auf einen wiederholten Abdruck dieses umfangreichen Aufsatzes verzichtete Gutzkow später; er fehlt daher auch in den von ihm veranstalteten Werkausgaben. Einzig den Abschnitt Rahel, Bettina, die Stieglitz (S. 37 bis 46 der Ausgabe von 1839) löste er aus dem Gesamtzusammenhang und nahm ihn als selbstständigen Beitrag in die erweiterte Neuausgabe seiner Oeffentlichen Charaktere von 1845 auf, die im Rahmen der Gesammelten Werke als zweiter Band erschien. Dieses Teilstück wurde 1875 in der dritten Ausgabe der Oeffentlichen Charaktere (Gesammelte Werke, Bd. 9) wiederholt abgedruckt. Das titellose Gedicht am Schluss des Absatzes Gedanken im Kerker (S. 83-84 der Ausgabe von 1839), das Gutzkow in keine Sammlung seiner Gedichte aufnahm, wurde 1843 unter der Überschrift Ich protestire nicht in der von Hermann Marggraff zusammengestellten Anthologie "Politische Gedichte aus Deutschlands Neuzeit" nachgedruckt (Rasch 4.43.4.N), 1858 in dem von Nicolaus Hocker herausgegebenen Sammelwerk "Vom deutschen Geiste. Eine Kulturgeschichte in Liedern und Sagen deutscher Dichter" (Rasch 4.58.1N). Einen Teildruck des Abschnitts Die Lyriker (S. 46-54 der Ausgabe von 1839) veranstaltete Arnold Schloenbach 1864 für seine Auswahl "Denker und Forscher der Neuzeit" (Rasch 4.64.2). Für die Druckgeschichte sind diese Teilnachdrucke irrelevant, da Gutzkow daran keinen Anteil hatte.
2. Textdarbietung#
2.1. Edierter Text#
J. Der Text folgt in Orthographie und Interpunktion unverändert dem Erstdruck. Textsperrungen werden übernommen. Silbentrennstriche (=) werden durch - wiedergegeben. Die Seitenzählung wird mit Klammern [ ] an den betreffenden Stellen in den Text eingefügt.
Die Liste der Texteingriffe nennt die von den Herausgebern berichtigten Druckfehler sowie die Emendationen. Fehlende oder überzählige Spatien im Erstdruck wurden stillschweigend korrigiert.
2.1.1. Texteingriffe#
7,9 Literatur Lieteratur
7,28 hätten. hätten
9,18 Marc Marc.
15,16-17 wurden wurde
42,32 schön, schön Ausgefallenes Satzzeichen am Zeilenende.
44,15 untergraben untergaben
48,26 Entscheidung Entscheiduug
48,34 stehen; Zeichensatzfehler am Zeilenende; das Semikolon steht eine halbe Zeile höher.
50,12 billigen. billigen
52,22 inhaltsleeren inhaltsleren
59,13 will will will
63,3 Sealsfield Seatsfield
64,19 und nnd
67,2 Vischer Bischer
Kommentar#
Der wissenschaftliche Apparat wird hier zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht.