Wir stellen die Gutzkow Gesamtausgabe zur Zeit auf neue technische Beine. Es kann an einzelnen Stellen noch zu kleinen Problemen kommen.

Menzel, Wolfgang#

Metadaten#

Autor
  1. Wolfgang Rasch
  2. Ute Schneider
Fassung
1.1: Neufassung, beginnende Ausarbeitung
Letzte Bearbeitung
18.01.2021

Text#

Menzel, Wolfgang #

Wolfgang Menzel (1798-1873), Kritiker, Redakteur, Literaturhistoriker u. Politiker in Stuttgart; 1832/34 Förderer Gutzkows, danach sein entschiedener Gegner.

Im Herbst 1835 trug er mit seiner Rezension von Gutzkows Roman "Wally, die Zweiflerin" und mehrerer gegen Autoren des Jungen Deutschland gerichtete Artikel im "Literaturblatt" zum Verbot der Schriften Karl Gutzkows, Heinrich Laubes, Ludolf Wienbargs, Theodor Mundts und Heinrich Heines durch den Deutschen Bundestag bei.

→ Bilder und Materialien: Bilder. Gutzkows Zeitgenossen.

Allgemeines #

Menzel wurde als Sohn eines Medizinalrats und Brunnenarztes im schlesischen Waldenburg geboren und besuchte seit 1814 das Gymnasium in Breslau. 1818 bezog er die Universität Jena, wurde als Student Mitglied der Urburschenschaft und flüchtete nach der Ermordung Kotzebues und der einsetzenden Demagogenverfolgung 1820 in die Schweiz. 1825 übernahm Menzel in Stuttgart die Redaktion des "Literatur-Blatts" (der kritischen Beilage von Cottas "Morgenblatt für gebildete Stände"), das er bis 1849 redigierte. Von 1831 bis 1838 war er Abgeordneter der württembergischen Zweiten Kammer, nach 1850 freier Publizist in Stuttgart, wo er das frühere "Literatur-Blatt" nunmehr im Selbstverlag als "Wolfgang Menzels Literaturblatt" von 1852 bis 1869 herausgab.

Als Literaturkritiker kommt Menzel das Verdienst zu, eine bewußte Verbindung von schöner Literatur mit nationalen, politischen und gesellschaftlichen Interessen gefordert und die Politisierung der Literatur gefördert zu haben. Neben Börne war er einer der heftigsten Gegner Goethes, den er als sittlich suspekten, vor allem unpatriotischen Fürstenknecht verachtete. Menzels einst fortschrittliche Rolle desavouierte er selbst 1835/36, als er den Kampf gegen die „unmoralische Literatur“, gegen das Junge Deutschland ausrief. Seine nationale, christlich-konservative Haltung wurde betont chauvinistisch und antisemitisch. Sein Einfluss auf die literarische Szene nahm nach 1836 jedoch deutlich ab und erstreckte sich nach 1850 nur noch auf eine kleine Schar treuer Anhänger.

Menzel und Gutzkow#

Menzels Werk "Die deutsche Literatur" (1828) und seine Literaturkritiken im "Literatur-Blatt" waren wegen ihres Postulats, die Literatur solle sich auf nationale Interessen beziehen, für das Literaturverständnis des jungen Gutzkow von zentraler Bedeutung. Gutzkows erste Zeitschrift "Forum der Journal-Literatur" (1831) sollte Menzel publizistisch von Berlin aus unterstützen; das Blatt schuf die Verbindung zum Stuttgarter Literaturpapst, den Gutzkow erstmals im Winter 1831/32 besuchte; von Ende 1831 bis 1833 war Gutzkow Menzels wichtigster Mitarbeiter am "Literatur-Blatt".

Unter dem Einfluß Laubes und Wienbargs nabelte sich Gutzkow mehr und mehr von Menzel ab; im Frühjahr 1834 kam es wegen einer ironischen Bemerkung Gutzkows im Vorwort zu seinen "Novellen" zu einer ernsthaften Verstimmung, im Herbst 1834 zum Bruch. Gutzkows viel beachtete Redaktion des "Literatur-Blatts" zum "Phönix" betrachtete Menzel mit zunehmender Eifersucht, den Plan zur Gründung einer "Deutschen Revue" im Sommer 1835 scheint er als bedrohliche Konkurrenz zu seinem "Literatur-Blatt" angesehen zu haben.

Menzel eröffnete im September 1835 mit einer polemischen und sehr persönlichen Kritik von Gutzkows Roman "Wally" die öffentliche Diskriminierung Gutzkows und die Treibjagd auf das Junge Deutschland; ohne Zweifel war es dabei sein Ziel, die Existenz seines ehemaligen Anhängers zu ruinieren. Mit seiner fanatischen Polemik rief er jene reaktionären Politiker auf den Plan, die im Dezember 1835 die rigorose Verfolgung des Jungen Deutschland beschlossen. Nach 1836 setzte er seinen Kampf gegen das Junge Deutschland fort, geriet aber, von Börne als „Franzosenfresser“, von Heine als „Denunziant“ gebrandmarkt, immer mehr ins Abseits. Die Werke Gutzkows und der Jungdeutschen ignorierte er als Kritiker seit 1837 konsequent.

Briefe#

Briefe an Wolfgang Menzel. Für die Litteraturarchiv-Gesellschaft hrsg. von Heinrich Meisner u. Erich Schmidt. Mit einer Einl. von Richard M[oritz] Meyer. Berlin: Verl. d. Litteraturarchiv-Gesellschaft, 1908. - (Briefe Gutzkows an Menzel vom 25. Januar 1831, 2. Oktober 1831, 8. Juni 1833, 20. September 1833, 11. Oktober 1833, 21. März 1834 auf den Seiten 69-83.)

Forschungsliteratur (speziell zum Verhältnis Menzel-Gutzkow)#

Heinrich Hubert Houben: Literarische Lehr- und Wanderjahre. In: Heinrich Hubert Houben: Gutzkow-Funde. Beiträge zur Litteratur- und Kulturgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin: Wolff, 1901. S. 1-40. (Behandelt vornehmlich Gutzkow und Menzel.)

Erich Harsing: Wolfgang Menzel und das junge Deutschland. Düsseldorf: Ohligschläger, 1909. - Darin vielfache Bezugnahme auf Gutzkow sowie auf den Seiten 1730 das Unterkapitel "Menzel und Gutzkow".)

Emil Jenal: Der Kampf gegen das Junge Deutschland. – Die Denunziantenfrage. In: Emil Jenal: Wolfgang Menzel als Dichter, Literarhistoriker und Kritiker. Berlin: Junker & Dünnhaupt, 1937. S. 124-139. (Neue deutsche Forschungen. Abteilung Neuere deutsche Literaturgeschichte. Bd. 10.) - Behandelt vornehmlich den Konflikt zwischen Gutzkow und Menzel um "Wally, die Zweiflerin".

Wilhelm Winkler: Menzels Verhältnis zu Gutzkow. In: Wilhelm Winkler: Wolfgang Menzels Bedeutung in den geistigen Auseinandersetzungen des 19. Jhs. Breslau: Priebatsch, 1938. S. 55-64. (Sprache und Kultur der germanisch-romanischen Völker. B. Germanistische Reihe. Bd. 25).

Ingrid u. Günter Oesterle: Der literarische Bürgerkrieg. Gutzkow, Heine, Börne wider Menzel. Polemik nach der Kunstperiode und in der Restauration. In: Gert Mattenklott, Klaus R. Scherpe: Demokratisch-revolutionäre Literatur in Deutschland: Vormärz. Kronberg/Ts.: Scriptor Verl., 1974. S. 151-185.

Bernd Füllner: "… es zieht mich hin zu dem Manne; denn süsser als Honig fliesst ihm die Rede." Karl Gutzkow und Wolfgang Menzel – freundliche Annäherung, erbitterte Feindschaft. In: Wolfgang Lukas, Ute Schneider (Hrsg.): Karl Gutzkow (1811-1878). Publizistik, Literatur und Buchmarkt zwischen Vormärz und Gründerzeit. Wiesbaden: Harrassowitz, 2013. S. 209-222.

Zitat- und Belegstellen

Menzel's Geist der Geschichte. In: Phönix. Literatur-Blatt. Frankfurt/M. Nr. 11, 18. März 1835, S. 261-263. (Rasch 3.35.03.18.1)

Wolfgang Menzel und der deutsche Tiersparti. In: Phönix. Literatur-Blatt. Frankfurt/M. Nr. 17, 30. April 1835, S. 405-408. (Rasch 3.35.04.30.1)

Vergangenheit und Gegenwart. 1830 - 1838. In: Jahrbuch der Literatur. Erster Jahrgang. 1839. Mit H. Heine's Bildniß. Hamburg: Hoffmann u. Campe, 1839. S. 19-24. (Rasch 4.39.1)

Wolfgang Menzel und das "junge Deutschland". In: Neue Freie Presse. Wien. Nr. 3153, 4. Juni 1873, S. 1-3. (Rasch 3.73.06.04)

Wie ich von der Lyrik abkam. In: Deutsche Dichterhalle. Leipzig. Bd. 2, Nr. 13, [Juli 1873], S. 151-153. (Rasch 3.73.07.1)

Rückblicke auf mein Leben. Von Karl Gutzkow. Berlin: Hofmann, 1875. (Rasch 2.46)

 (Wolfgang Rasch, Berlin)