Wir stellen die Gutzkow Gesamtausgabe zur Zeit auf neue technische Beine. Es kann an einzelnen Stellen noch zu kleinen Problemen kommen.

Dawison, Bogumil#

Metadaten#

Autor
  1. Wolfgang Rasch
Fassung
1.0
Letzte Bearbeitung
03.12.2004

Text#

Dawison, Bogumil #

Bogumil Dawison (1818-1872), deutsch-polnischer Schauspieler, einer der herausragenden Charakterdarsteller im 19. Jahrhundert.

Bilder Zeitgenossen Gutzkows. 

Allgemeines #

Der Sohn jüdischer Eltern stammte aus sehr ärmlichen Verhältnissen, war zuerst Abschreiber und Schildermaler, bevor er 1837 als Schauspieler debütierte. Nach Auftritten in Wilna und Warschau wurde er dauerhaft in Lemberg engagiert und spielte ausschließlich in polnischer Sprache. Angeregt durch Gastspiele von Ludwig Löwe und Julie Rettich entschloss sich Dawison, deutscher Schauspieler zu werden, seine Deutschkenntnisse und seine deutsche Aussprache zu verbessern. Am 9. August 1841 trat er zum ersten Mal im deutschen Theater von Lemberg in einem Stück von Bauernfeld mit Erfolg auf. 1846 verließ Dawison Lemberg und spielte - durch Louis Schneider empfohlen - am 13. Februar 1847 erstmalig in Hamburg. Dort gelang ihm der künstlerische Durchbruch und sein Ruf verbreitete sich schnell durch ganz Deutschland.

Von 1849 bis Ende 1853 war er unter der Direktion von Heinrich Laube am Wiener Burgtheater tätig und galt bald als einer der besten Charakterdarsteller in der Geschichte des Hofburgtheaters. Laube ließ den nur schwer zu disziplinierenden Schauspieler erst ziehen, nachdem Dawison einen Eklat herbeigeführt und Laube unflätig beschimpft hatte. Von 1854 bis 1864 war er am Dresdener Hoftheater engagiert, wo er vom Publikum sehr verehrt und gefeiert wurde. In Dresden geriet der temperamentvolle Schauspieler immer wieder mit Kollegen in Auseinandersetzungen, vor allem verstanden sich aber Dawison und Emil Devrient nicht. Devrient zog sich von allen Stücken, in denen Dawison beschäftigt wurde, nach Möglichkeit zurück.

1864 verließ Dawison, der mittlerweile ein wohlhabender Mann geworden war, seine bevorzugte Stellung am Dresdener Hoftheater und unternahm mit triumphalem Erfolg Gastspielreisen durch Deutschland. 1865 trat er zu Gunsten des erkrankten Gutzkow auf. Nach einer Tournee durch Nordamerika, bei der sich Dawison stark verausgabt hatte, kehrte er 1866 körperlich und geistig gebrochen nach Dresden zurück. Er starb fünf Jahre später in geistiger Umnachtung. Dawison glänzte in vielen Rollen: neben seinen Shakespearegestalten Hamlet, Othello, Macbeth, Richard III. und Shylock vor allem als Mephistopheles, Carlos in "Clavigo" und Franz Moor. Er trat in zahlreichen Stücken Gutzkows auf und erregte vor allem als Graf Thorane im Königsleutenant und als Acosta in Uriel Acosta Aufsehen.

Gutzkow und Dawison #

Gutzkow war mit Dawison lange Zeit befreundet und hat früh dessen außerordentliches Talent erkannt. Schon als Dramaturg in Dresden Anfang 1848 versuchte er, Dawison in Hamburg abzuwerben und an die Dresdener Hofbühne zu ziehen. Als Dawison 1854 nach Dresden kam, verkehrte Gutzkow oft mit ihm und erinnert sich noch 1878 an glückliche Stunden, die ich Jahre lang im vertraulichsten Verkehr mit Dawison verlebte (Karl Gutzkow: Bogumil Dawison. In: Nord und Süd. Berlin. Bd 6, H. 18, September 1878, S. 374; Rasch 3.78.09.1).

In diesem Erinnerungsblatt für Paul Lindaus "Nord und Süd" - einem seiner letzten Beiträge - geht Gutzkow auch der Frage nach, welche Umstände zu Dawisons Geisteskrankheit beigetragen haben. Gutzkow nennt zwei Vorfälle aus dem Leben des Schauspielers, die diesen tief getroffen haben: Ein Mord, den ein Diener Dawisons an einem Kaufmannsgehilfen auf dem Dresdener Grundstück Dawisons verübte, und ein Duell Dawisons mit dem Hamburger Schriftsteller Robert Heller, das sich Ende der fünfziger Jahre zugetragen hatte. Die Rivalität zwischen Emil Devrient und Dawison in Dresden belastete gelegentlich Gutzkows ältere Freundschaft zu Devrient.

Briefe #

Briefe von Karl Gutzkow an Bogumil Dawison. Hg. von Johannes Proelß. In: Deutsche Revue über das gesammte nationale Leben der Gegenwart. Berlin. Bd 3, 1880, S. 181-192. (Rasch 7.80.05.1)

Quellen#

Ludwig Eisenberg: Großes Biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im 19. Jahrhundert. Leipzig, 1903, S. 176-179.  

Zitat- und Belegstellen

Bogumil Dawison. In: Nord und Süd. Berlin. Bd. 6, Heft 18, September 1878, S. 373-379. (Rasch 3.78.09.1)

(Wolfgang Rasch, Berlin)