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Lewald, August#

Metadaten#

Autor
  1. Martina Lauster
  2. Wolfgang Rasch
Fassung
1.1: Anpassungen u. Ergänzungen
Letzte Bearbeitung
20.01.2021

Text#

Lewald, August#

August Lewald (1792-1871), Schriftsteller und Publizist, Gründer der Zeitschrift „Europa, Chronik der gebildeten Welt“ und ihr Herausgeber von 1835 bis 1846. Programm und Aufmachung dieser Zeitschrift waren maßgebend für jungdeutsche Journale.

→ Bilder und Materialien: Bilder. Gutzkows Zeitgenossen.

Allgemeines #

Lewald, Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Königsberg, machte eine kaufmännische Lehre, trat 1812 vom jüdischen zum protestantischen Glauben über, beteiligte sich 1815 als preußischer Freiwilliger am Krieg gegen Napoleon, wurde 1818 Schauspieler, übernahm 1824 die Leitung des Nürnberger, 1826 die des Bamberger Stadttheaters, war nebenher Mitredakteur des „Nürnberger Korrespondenten von und für Deutschland“, ging 1827 als Theaterdichter und -sekretär nach Hamburg, wo er Heine kennenlernte, reiste 1831 nach Paris und siedelte von dort 1832 nach München über, wo er 1833 die kurzlebigen „Unterhaltungen für das Theater-Publikum“ herausgab. 1834 zog er nach Stuttgart, gründete dort die Zeitschrift „Europa, Chronik der gebildeten Welt“, die zu einer der angesehensten Kulturzeitschriften des Vormärz wurde. Von 1835 bis 1837 gab Lewald seine „Allgemeine Theater-Revue“ heraus, eine für die Theatergeschichte Deutschlands unverzichtbare Quelle. In dieser Zeitschrift publizierte auch Gutzkow 1835 einen seiner frühen dramatischen Versuche, Hamlet in Wittenberg.

1846 verkaufte Lewald die „Europa“ an Ferdinand Gustav Kühne, lebte zeitweilig in Wien und Frankfurt und war schließlich bis zu seiner Pensionierung 1863 Regisseur am Stuttgarter Hoftheater. Lewald konvertierte 1852 zum Katholizismus und publizierte fortan nur noch im Geiste der ultramontanen Bewegung. Nach seiner Pensionierung privatisierte er in Baden-Baden, dann in München, wo er 1871 starb.

Verheiratet war Lewald mit der früheren Schauspielerin Katharina Wied (1814-1879), genannt „Kathi“.

August Lewald war ein Vetter von Fanny Lewalds Vater David Markus (seit 1812 Lewald). Er förderte die schriftstellerischen Anfänge seiner Nichte Fanny, die erste Arbeiten seit 1840 in der „Europa“ veröffentlichte.

Gutzkow und Lewald #

Lewald und Gutzkow lernten sich 1833 in München kennen und begegneten sich im Spätherbst 1834 in Stuttgart wieder, wo sie mit den Schauspielern Heinrich Moritz und Karl Seydelmann einen Freundeskreis bildeten. Im Sommer 1835 unternahmen Lewald und Gutzkow eine Rheinreise. Trotz der Ächtung Gutzkows durch den Deutschen Bundestag engagierte ihn Lewald 1836 als Literaturkritiker für seine Zeitschrift „Europa“. Misshelligkeiten wegen nur schleppend erfolgter Honorarzahlungen führten zu einem Dissens, der 1838 in einer Aussöhnung endete. Der außerordentlich theaterkundige Lewald förderte seit 1839 publizistisch Gutzkows Arbeit als Bühnenautor mit Beiträgen in der „Europa“. Die Freundschaft der beiden blieb bis in die fünfziger Jahre bestehen, als Lewald, der für die „Unterhaltungen am häuslichen Herd“ einige Beiträge lieferte, Gutzkow (letztmalig?) in Dresden besuchte. Die Kontakte waren nach 1846 allerdings immer spärlicher geworden. Gutzkow entfremdete sich von Lewald zunehmend durch dessen nachmärzliche Konversion zum Katholizismus und seine davon getragenen publizistischen und literarischen Aktivitäten. 

In Lewalds publizistischer Tätigkeit, seiner weltmännischen Gewandtheit und seinen Bemühungen um eine Reform des deutschen Theaters sah Gutzkow im Vormärz ein Vorbild. Zeugnis davon legen u. a. seine Rezensionen von Lewalds „Panorama von München“ und „Theater-Roman“ ab. Aus dem Gefängnis schrieb er 1836 an Lewald: Für mich ist von Ihnen immer soviel Behaglichkeit u Belehrung ausgegangen, Ihre Art, das Leben zu nehmen, sagt mir so ungemein zu, dß ich wohl wünschte, die Zeiten wären günstiger u die Umstände kämen uns besser entgegen (Mannheim, 29. Januar 1836). Über vierzig Jahre später, in seinem eigenen Todesjahr 1878, würdigte Gutzkow seinen früheren Freund als den Schöpfer des deutschen Feuilletons (Das Feuilleton). Allerdings hatte er den Konvertiten Lewald 1871 auch mit einem äußerst kritischen Nachruf bedacht (Eine männliche Gräfin Hahn-Hahn).

 

Selbständig erschienene Publikationen Lewalds (Auswahl) #

Novellen. 3 Bde. Hamburg: Hoffmann & Campe, 1831/33.

Album aus Paris. 2 Thle. Hamburg: Hoffmann & Campe, 1832.

Panorama von München. 2 Bde. Stuttgart: Hallberger, 1835.

Seydelmann und das deutsche Schauspiel. Stuttgart: Liesching, 1835.

Memoiren eines Banquiers. 2 Bde. Stuttgart: Scheible, 1836/37.

Aquarelle aus dem Leben. 4 Bde. Mannheim: Hoff, 1836/37.

Neue Aquarelle aus dem Leben. 2 Bde. Stuttgart: Cast, 1840.

Theater-Roman. 5 Bde. Stuttgart: Krabbe, 1841.

Ein Menschenleben. 12 Bde. Leipzig: Brockhaus, 1844/46. (= Gesammelte Schriften. In einer Auswahl. )

Entwurf zu einer praktischen Schauspielerschule. Wien: Wallishauser, 1846.

Das Buch der Gesellschaft für angehende Weltleute. Stuttgart: J. B. Müller, 1847.

Aus dem katholischen Leben der Gegenwart. Schaffhausen: Hurter, 1862.

Letzte Fahrten. 12 Reisebriefe aus dem Jahre 1870. Mainz: Kirchheim, 1871.

Bibliographie#

Karl Goedeke: Grundrisz zur Geschichte der deutschen Dichtung. 2., ganz neu bearb. Auflage. Bd. 11, Halbbd. 1. Düsseldorf: Ehlermann, 1951. S. 509-515.

(Nachträge in:) Karl Goedeke: Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. 2., ganz neu bearb. Auflage. Bd. 17. Berlin: Akademie-Verl., 1989. S. 833-848.

Forschungsliteratur (Auswahl) #

Ulrich Cruse: August Lewald und seine zeitgeschichtliche Bedeutung. Breslau: Priebatsch, 1933.

Eoin Bourke: "Wir wollen die große europäische Gesellschaft schildern, nach allen ihren Beziehungen, treu und wahr." Die Zeitschrift "Europa" von 1835 bis 1848. In: Martina Lauster (Hg.): Deutschland und der europäische Zeitgeist. Kosmopolitische Dimensionen in der Literatur des Vormärz. Bielefeld: Aisthesis, 1994. S. 27-43.

Martina Lauster: Moden und Modi des Modernen. Der frühe Gutzkow als Essayist. In: FVF Jahrbuch 1995. Bielefeld: Aisthesis, 1996. S. 59-95, bes. S. 91-94.

Martina Lauster: Sketches of the Nineteenth Century. European Journalism and its 'Physiologies', 1830-50. Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2007. S. 75-84.

Veronica Butler: On- and Off-stage Theatre. Gutzkow and August Lewald. In: Karl Gutzkow and His Contemporaries / Karl Gutzkow und seine Zeitgenossen. Beiträge zur Internationalen Konferenz des Editionsprojektes Karl Gutzkow vom 7. bis 9. September 2010 in Exeter. Hrsg. von Gert Vonhoff, in Zusammenarbeit mit Beke Sinjen u. Sabrina Stolfa. Bielefeld: Aisthesis Verl., 2011. S. 341-357.

Veronica Butler: The analyst of manners, money and masks. August Lewald in the "Vormärz". Bielefeld: Aisthesis Verl., 2017.

Zitat- und Belegstellen

[Anon.:] 30) Panorama von München. Von August Lewald. In: Phönix. Frankfurt/M. Literatur-Blatt. Nr. 12, 25. März 1835, S. 287-288.

Beiträge zur Geschichte der neuesten Literatur. 2 Bde. Stuttgart: Balz, 1836. Bd. 1, S. 305-312.

Vergangenheit und Gegenwart. 1830-1838. In: eGWB IV, Bd. 6.2, pdf 1.0, S. 64-65.

Theater-Roman. Von August Lewald. Erster und zweiter Band. In: eGWB IV, Bd. 6.1

Theater-Roman. Von August Lewald. Dritter, vierter und fünfter Band. In: eGWB IV, Bd. 6.1

Winke für die Lesewelt. [Darin:] I. August Lewald's gesammelte Schriften. In: eGWB IV, Bd. 6.1

Eine männliche Gräfin Hahn-Hahn. [1871]. In: GWB VII, Bd. 3, S. 189-199; eGWB IV, Bd. 3

Rückblicke auf mein Leben. In: GWB VII, Bd. 2, S. 100-101, 103, 106-108, 139-140, 155, 236-237.

(Martina Lauster, Exeter; Wolfgang Rasch, Berlin)