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Die Freiheit der Zerrbilder.

Auszug

Als man vor einem Jahre etwa in Berlin Carrikaturenfreiheit dekretirte, werden wohl Viele erstaunt seyn. Ich gestehe, zu diesen Staunenden mitgehört zu haben. Wie, man verweigert uns die Freiheit der Feder und giebt die schwarze Kreide des Lithographen frei? Man giebt uns nicht die Freiheit der Presse, sondern die Freiheit der Carrikaturen? Wer hat diese Freiheit begehrt? Wo liegt in unserm Volk der Sinn für Zerrbilder? War in einer Zeit so bittern Ernstes das Bedürfniß zum Scherze da?

Ich wiederhole, daß ich diese Carrikaturenfreiheit nicht begreife. Man giebt Arabesken frei und nicht das innere Bild? Man giebt Randverzierungen frei und nicht den Spruch, den sie einschließen? Kein Mensch hat diese frivole Freiheit der Zerrbilder begehrt. Sie entspricht keinem einzigen Zuge im deutschen Charakter. Wir haben nichts von jener hämischen Spottsucht, mit der der ohnmächtige Italiener so gern sein Müthchen kühlt. Bei uns würde die Säule des Pasquino leer stehen, selbst wenn sie von Rathswegen in jeder Stadt aufgestellt würde. Es liegt nicht in unserm Charakter, durch Zerrbilder unsere Meinung zu sagen.