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[Kampf gegen die schlechte Schriftstellerei.]

Auszug

* Man klagt in einer schlechten Leipziger Zeitschrift darüber, daß ein Theil unsrer neuern Literatur so unverständlich und für das größere Publikum so wenig genießbar wäre; man sagt sogar, daß die Schriften gewisser Autoren nur von Literaten genossen werden könnten. Indessen haben hier weder die bezeichneten Schriftsteller die Schuld, noch zum Theil das Publikum, sondern nur diejenigen, welche es verdorben haben, diejenigen, welche in die Literatur Abgeschmacktheiten und Trivialitäten einführten, die Wiener Theaterzeitung eines Bäuerle, die Lokalblätter, welche sich durch Anekdoten, Lokales und Persönlichkeiten füllen, diejenigen, welche die Eckensteherliteratur schufen und förderten. Diese schlechte Literatur schuf ungeheuer viel Leser; jeder Dummkopf kann eine Theaterkritik lesen und stolz von sich sagen: Ich habe etwas Gedrucktes verstanden! Jeder Fiaker in Wien versteht Bäuerle’s Theaterzeitung, jeder Droschkenfuhrmann die „Berliner Witze;“ das Pfennigsmagazin mit Bilderchen kam der geistigen Kindheit dieses Publikums zu Hülfe und so hat sich eine Lesewelt gebildet, der allerdings dasjenige, was höher strebende Köpfe ersinnen, zu hoch ist und die noch die Schuld trägt, daß sie die wahrhaft Gebildeten von der Theilnahme an der Tagesliteratur verdrängt hat. Die Lokalblätter mit ihren Scandalosis, ihren Theaterkritiken, die jeder versteht, ihren Räthseln und Charaden, die jeder lösen kann, mit Modekupfern und lithographirten Beilagen absorbiren nicht nur das Interesse des Publikums für das Bessere, sondern flößen auch den Gebildeten einen Widerwillen gegen Alles ein, was Journal und Tagesliteratur heißt. Es giebt nur ein Mittel, um den Bessern in der Autorenwelt ihr Terrain zu erhalten und zu mehren, – Kampf gegen die schlechte Schriftstellerei , Kampf gegen den Handlungskommisgeist, der, wie er das Theater verflacht hat, (indem jetzt nicht mehr, wie früher, verdorbene Studenten, sondern meist verdorbene Commis auf die Bühne gehen) so auch die Literatur unter Wasser setzen möchte! Verloren ist jedes Talent, das sich unter den jetzigen Umständen entschließt, für das sogenannte große Lesepublikum zu schreiben. Die Lesewelt soll herauf; nicht der geniale Autor zu ihr hinunter! Was den Autor interessirt, soll die Lesewelt interessiren; nicht umgekehrt!