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Hitzig über die Existenz der Schriftsteller

Auszug

Um meine Meinung zu sagen, muß ich gestehen, daß auch mich Herrn Hitzigs Aufsatz schmerzlich berührt hat. Es liegt eine Demüthigung darin, hören zu müssen, daß die Musen so wenig Credit haben. Es ist eine Demüthigung, daß die Regierungsräthe, die Majore, die Capitalisten und Aktieninhaber erfahren, die Literatur lebe nothdürftig von der Feder in den Mund. Jeder von seinem Miethherrn vor die Thür gesetzte zahlungsunfähige Journalist ist ein Unglück für die Literatur; denn der Philister unterscheidet die Talente nicht; hat er eine Tochter, er wird sie nur dem Dichter geben, der ein Amt hat. Fürstliche Pensionen giebt es für die Talente nicht mehr. Die Regierungen beobachten zwischen dem Publikum und dem Schriftsteller eine bewaffnete Neutralität. Schiller, Klopstock, Lessing entblödeten sich nicht, an alle Potentaten Deutschlands zu schreiben und um eine Anstellung, einen Jahrgehalt zu bitten. Sie bekamen ihre Pensionen nicht freiwillig; nein, sie lagen allen Ministern, allen Geheimderäthen, selbst Günstlingen und Frauen mit ihren Bitten an und ermüdeten nicht, zu denken und zu sagen: Quaerenda pecunia primum est! Wer würde von unsern jetzigen Schriftstellern in diesen Eingaben nicht eine jammervolle Demüthigung sehen? Wer würde nicht, erführe man seine Petitionen, mit der Pension seine Stellung in der Literatur verlieren? In dem entsetzlichen Grade ist alles Partei geworden. Es ist wahr, der literarische Erwerb ist jetzt ergiebiger, als vor dreißig Jahren oder länger; aber in demselben Maaße sind auch die Anforderungen an den Anstand einer bürgerlichen Existenz gestiegen; der Luxus hat alle Budgets gesteigert. Wenn die Schriftsteller heutiges Tages mit Beamten und Kaufleuten conkurriren wollen, dann müssen sie gewiß mehr Aufwand machen als Gleim, der reiche Canonikus, machte.