[Modernes Antiquariat]
Auszug
* Bei dem Streite, welchen die jüdischen Antiquare in Frankfurt a. M. mit den dortigen Buchhändlern führen , kommen die Gebrechen des Deutschen Buchhandels recht zum Vorschein. Weder jene Antiquare noch diese Sortimentisten tragen eine Schuld, wohl aber die Verleger in Stuttgart und anderswo, welche ihre Verlagswerke zu Spottpreisen massenhaft verkaufen und, vielleicht von den Schwankungen ihres sinkenden Geschäfts gedrängt, den regelmäßigen soliden Buchverkehr stören. Auch ist zu verwundern, mit welchem Leichtsinn in Frankfurt die Behörden Conzessionen zu neuen Buchläden geben . Der Sortiments buchhandel, berechnet auf den literarischen Consumo eines einzelnen Ortes, ist jedenfalls eine Zunft; in dem Sinne wenigstens, als sich das literarische Bedürfniß von 50,000 Menschen ohne Weiteres abschätzen läßt. Der Verlags buchhandel, dessen Betrieb auf den ganzen Deutschen Büchermarkt gerichtet ist, kann dagegen Niemanden, der sich darum bewirbt, verweigert werden, falls er in Frankfurt das Recht des Handelsmannes , wie es dort heißt, erlangt hat. Baden hat gewiß eine sehr freisinnige Gewerbeverfassung und doch läßt die Regierung in Mannheim nur vier Buchhandlungen aufkommen. Sie schätzt richtig ab, daß diese hinlänglich sind, um Mannheims literarische Bedürfnisse zu befriedigen. Mehr Buchhandlungen dulden hieße die andern brodlos machen oder eine Prämie auf den Mißkredit setzen, in welchen die Literatur durch einen zu- dringlichen Buchhandel gebracht wird. Um Abnehmer zu bekommen, scheuen die neuen Etablissements keine Demüthigung. Die Literatur wird entwürdigt, wenn sie sich anbiete t. Ihre Stellung ist die, gesucht zu werden. Frankfurts Behörden sollten die Eröffnung neuer Buchläden unbedingt verweigern oder, wenn der Buchstabe des dortigen Gesetzes sagt: Der Handelsmann könne jedes Geschäft treiben, den Sortiments buchhandel, als ein Gewerbe, von diesen Geschäften ausnehmen. Die gesunde Vernunft lehrt, daß für eine Stadt von 50,000 Einwohnern in Frankfurt schon mehr als zu viel Buchhändler da sind, und daß eine Vermehrung derselben nur Verarmung der Betheiligten und die Entwürdigung der Literatur zur Folge haben kann. Die Handelsfreiheit ist sehr gut; aber sie muß auch richtig verstanden werden.