Realismus und Idealismus
Auszug
Man hat nun gegenwärtig eine sich realistisch ausdehnende Literatur, d. h. man hat die Ideen, Abstractionen, Träume von Glauben, Wissen, Denken, Fühlen u. s. w. aufgegeben und daguerreotypirt die Wirklichkeit. Manche thun dies ganz roh. Diesen bricht natürlich jedes Forum, auch das realistische, den Stab. Irgendeinen Zweck, irgendeine Idee, eine Zuspitzung muß auch die Beobachtung des Getreidesäens oder der Schafzucht oder der doppelten italienischen Buchhaltung haben. Und darüber können zuletzt Alle einverstanden sein, daß eigentlich der ganze Streit insofern ein müßiger ist, als ja wahrlich auch vernünftigerweise keine noch so neue Theorie etwas Anderes wollen kann als allenfalls einen Idealismus, der sich real, d. h. auf Voraussetzungen der Natürlichkeit und Wirklichkeit, zu offenbaren und auszusprechen, und einen Realismus, der seine Anschauung des Lebens und der bunten Erscheinungswelt zu einem Kunstzweck zu concentriren sucht. Vom dichterischen Standpunkt aus, soweit die obengenannte moralische und polizeiliche Kritik Dies oder Das als dichterisch zuläßt, können Idealismus und Realismus vielleicht verschiedene Wirkungen hervorbringen, doch in ihrem Werthe vor dem Musenhofe sind sie beide in dem Falle sich gleich, daß nur entweder zur Seele die rechten Glieder oder zu den Gliedern die rechte Seele kam.