Zwei neue Dramen von Grabbe
Auszug
Um das Werthlosere sogleich abzufertigen, so erreicht Aschenbrödel , ein dramatisches Märchen, durchaus nicht jene Stufe, welche Grabbe’s würdig ist. Hier haben wir weniger, als Platen in seinen gläsernen Pantoffeln geleistet hat. Um ein Märchen dieser Art auszuführen, bedarf es eines Witzes, wie er Tieck zu Gebote stand, und einer Poesie, wie sie Menzel in seinen Märchen, wenigstens durch eine Art poetischer Scholastik zu ersetzen suchte; jedenfalls aber einer saubern und netten Hand, die nicht wie Grabbe alles über den Haufen wirft. Zum Märchen hat Grabbe weder den Beruf des Witzes noch der Lyrik. Seine Versuche im Witze sind hölzern, pritschenhaft, plump; seine Leistungen in der Lyrik sind nur die Bestrebungen jenes Vogelstellers, der auf einem Lindenblatte die Nachtigall lockt. Aber die Nachtigall kömmt nicht.
In der Tragödie Hannibal erst sehen wir den alten Grabbe wieder. Die Situationen sind malerisch schön, die Charakteristik ist rapid und bis auf’s Äußerste pointirt, der Dialog ist ein Muster von Kürze und schlagender Gedrängtheit. Hier stürmt die Sprache und Phantasie die Alpen, und erfriert oben, (wie dies Grabben immer charakterisirt hat) zu einer eisigen Krystallisation. Es sind die alten großartigen Bilder, von denen zwei Drittel immer so originell und das letzte Drittel so steif, irdisch und ungelenk ist.