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Menzel's Geist der Geschichte

Auszug

Der vorliegende Genius der Geschichte ist ein Musterstück für diejenige Thätigkeit unserer Literatur, welche Menzel am liebsten eingeschlagen wünscht. Hier ist kein Jean-Paulismus der Streckverse mehr anzutreffen, keine poetische Dialektik mehr, wie in den sinnigen, die suchende und die fliehende Liebe verherrlichenden Mährchen Rübezahl und Narzissus: hier ist nichts, als Thatsache, Sympathie, Grille, ein bescheidener Styl, ein Styl im Negligee, und am Schlusse des Buches eine Rührung, welche hinreißend auf den Leser wirkt, und bei einer Aussicht auf die Geschichte so schön an ihrer Stelle ist. Menzel gibt die theologischen, mythologischen, genealogischen Probleme der Geschichte an, und belauscht das geheime Geäder der Begebenheiten, das innere Hämmern des Naturgeistes mit feinem Ohr, und ist reich an Combinationen, Ahnungen und Parallelen, an mancherlei schönem illusorischem Detail, worin Menzel bekanntlich Meister ist, und wo er sein Auge fromm senkt, wenn er davon zu reden kömmt. Menzel vertraut auf die Geschichte: nicht, weil er sie wie Hegel konstruiren kann und ihre Perioden zusammenzurechnen wagt, wie die beiden Sätze einer logischen Assertion; sondern weil sie ihm eine Offenbarung des Lebens ist; eine Zusammensetzung von Materie und Geist, ein naturphilosophischer Prozeß, bei welchem der Zufall und die Leidenschaft ein eben so großes Spiel hat, überhaupt der Mensch, und der Mensch in seiner Schwäche, wie die Laune oder das Gesetz einer Gottheit.