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Richard Wagner'sche Musik

Auszug

Richard Wagner ist ein Meister der Dialektik. Seine Musik ist dialektisch. Sie tönt bedeutsam, aber man hat nie etwas, woran man sich mit ganzer Seele bei ihm halten kann. Ebenso spricht und schreibt er immer mit bewunderungswürdiger, aber resultatloser Rhetorik. Vom Verstande geht es bei Naturen, wie die seinige, immer eher zur Phantasie hinüber als zum Herzen; und Verstand und Phantasie sind bei ihm von seltener Größe und innigster Verbindung. Eine Wirkung, die das Herz ergreift (und wir sind so zopfig, sogar von Herzens güte zu sprechen) findet sich bei ihm selten. Er kitzelt wol auch auf unser Herz los, unendlich süß, oft mit Engelszungen, er gewinnt uns auch; dann aber läßt er uns auch nicht mehr los, macht aus der Ueberredung Betäubung, zuletzt Vernichtung. Frauen von sensueller Complexion haben wir in Richard Wagner’scher Musik wahrhaft schwelgen gesehen und sie glaubten, ihr Herz wär’ es, das von ihr so mächtig ergriffen. Sie wußten es nur nicht, diese Schwärmerinnen. Ihr Herz waren ihre Sinne. In Richard Wagner’s Musik liegt ein tiefgeheimes Gift. Es ist nicht Griechenland, wie er uns in seinen Schriften glauben machen will, in ihm, sondern der Orient. In Ekbatana componirte man so, oder schwimmend auf dem Ganges in Lotosblumen und von Mohnsaft betäubt. In Richard Wagner ist orientalische Wonne, hypomixolydische Wonne, und der Areopag in Athen hätte ihn ohne Gnade zum Tode verurtheilt.